
Am vergangenen Montag konfiszierten die schiitisch-zaidischen Houthi-Rebellen, offiziell unter dem Organisationsnamen „Ansar Allah“ bekannt, ein Frachtschiff unter der Flagge der Vereinigten Arabischen Emirate, welches offiziell Medizin und weitere humanitäre Güter in den Jemen transportieren sollte, in dem das Land neben Saudi-Arabien führend in der militärischen Intervention gegen die Houthis ist. Während es in den territorialen Gewässern des Jemens war, wurde es von den Aufständischen zu einem Zwischenhalt in al-Hodaydah gezwungen, der letzten großen Hafenstadt unter ihrer Kontrolle. Dort wurde schnell offensichtlich, dass das Schiff eine wesentlich pikantere Ware transportierte: Von einfachen Schusswaffen und dazugehöriger Munition bis zu mehreren Militärfahrzeugen und Schlauchbooten wurde ein Transport voller Kriegsgerät unter dem Deckmantel ziviler Hilfe aufgedeckt.
Der Frachter „Rwabee“ unter der Flagge der Vereinigten Arabischen Emirate soll sich am Montag Vormittag im Roten Meer vor der Küste des Jemens aufgehalten haben, wodurch es dem Houthi-Pressesprecher Yahia Saree zufolge die Souveränität des Landes durch einen unautorisierten Zutritt in die Hoheitsgewässer des Jemens verletzte. Dadurch wurde das Schiff durch einen militärischen Spezialeinsatz zu einem Zwischenstopp in al-Hodaydah gezwungen, für den Nordjemen die einzige verbliebene Außenverbindung zum Rest der Welt und vor zwei Jahren Ort intensiver Gefechte zwischen Ansar Allah und der jemenitischen Exilregierung, die erst mit einer Waffenruhe durch das Stockholm-Abkommen beendet werden konnte, während die Houthis fast die gesamte Stadt halten konnten.
Der Frachter stand dabei unter dem Kommando der Arabischen Koalition, welche vor inzwischen sieben Jahren in den jemenitischen Konflikt unter der Federführung von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten intervenierte und seitdem als größter Feind der Houthis agiert. Dementsprechend scharf wurde dieser „Akt der Piraterie“ auch von ebendiesen Ländern kritisiert, demnach soll es sich bei dem Schiff um eine Lieferung medizinischer Produkte zur jemenitischen Insel Socotra gehandelt haben, welche bisher vom Krieg weitgehend verschont blieb, vor allem da die VAE dort eine erhebliche Militärpräsenz besitzen.
Die Wirklichkeit sah jedoch anders aus: Mehrere Container voller Waffen und Munition, einige Pick-Up- und reguläre Trucks, ein Militärhumvee mitsamt telekommunikativer Ausrüstung und einige Militärschlauchboote bestimmen die Ladung des Schiffes, von Medizin und anderen „zivilen“ Waren keine Spur. Stattdessen ragt überall das Staatswappen der Vereinigten Arabischen Emirate empor. Laut der Arabischen Koalition wurden die Waffen und Fahrzeuge nach der Festnahme des Schiffes an Bord geschmuggelt, es sich also um eine False-Flag-Aktion seitens der Houthis handelt. Dabei drohen sie auch mit Vergeltungsschlägen, sollte die Rwabee nicht sofortig freigelassen werden. In den darauffolgenden 24 Stunden erwiesen sich diese Drohgebärden hingegen ohne Konsequenzen, vor allem da die Arabische Koalition bereits ohne die Legitimation einer „Schiffsentführung“ wieder regelmäßig Angriffe auf den Jemen fliegen.
Es ist nicht der erste Vorfall solcher Art, bereits im Jahre 2016 konnten die Houthi-Rebellen ein ähnliches Transportschiff der Vereinigten Arabischen Emirate attackieren und schwer beschädigen, welches regelmäßig Lieferungen zwischen Festland und der Insel Socotra unternahm. Auch dort ergab sich ein ähnliches Bild mitsamt dem selben Narrativ seitens der Koalition. Ohnehin besitzen die Houthis einige Kapazitäten zur See, wodurch neben den bereits erwähnten Vorgängen auch reguläre Angriffe auf Kriegsschiffe von z.B. Saudi-Arabien gehören. Dabei werden vor allem Seeminen oder vom Land aus gesteuerte Schnellboote mit Sprengstoffladungen genutzt, um schwere Schäden anzurichten. Die Houthis sollen zudem über eine Spezialeinheit an Tauchern verfügen, die unter anderem Landungsoperationen an der jemenitischen Küste vorgenommen haben. Inwiefern die Rwabee von den Houthis erfolgreich gekapert werden konnte, ist bisher nicht bekannt.