Kämpfe gefährden Idlib-Waffenruhe

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In einer überraschenden Nacht-und-Nebel-Aktion töteten bisher unbekannte Täter bis zu 23 Islamisten der islamistischen Miliz „Jaish al-Izzah“ in einer ihrer Verteidigungsstellungen nahe der Großstadt Hama im Nordwesten Syriens. Der Angriff wurde mitten in der Nacht und lautlos ausgeführt, wodurch es unter den Angreifern zu keinerlei Verlusten gekommen ist. Die Operation fand mitten in der zwischen der Türkei und Russland ausgehandelten Pufferzone statt, in der eigentlich eine Waffenruhe herrschen sollte, es aber immer häufiger zu Gefechten zwischen syrischer Armee und verschiedener Milizen kommt und der gesamte Plan eines befriedeten Idlibs (das letzte Herrschaftsgebiet der Aufständischen) gefährdet. Eine andere islamistische Gruppierung soll mit einer ähnlichen Aktion reagiert haben.

Bisher ist unklar, wer genau hinter dem Angriff steckt. Allgemein werden Einheiten der Syrisch-Arabischen Armee nicht die Fähigkeit zugeschrieben, derartige Nachtoperationen durchzuführen, auch weil es Berichte von High-End-Equipment gab, darunter Nachtsichtgeräte. Am wahrscheinlichsten gelten derzeit Spezialeinheiten der syrischen Armee oder der Hisbollah, Letztere haben bereits in der Vergangenheit derartige Vorstöße durchgeführt. Der nahe dem Dorf Zilaqiat gelegene befestigte Hügel von Jaish al-Izzah wurde nur kurz überfallen und sämtliche Kämpfer getötet, es wurde nicht versucht die Position zu halten oder Waffen zu erbeuten.

Wenige Kilometer von Zilaqiat entfernt befindet sich ein Stützpunkt der türkischen Streitkräfte, die entlang der etwa 20 Kilometer breiten Pufferzone mehrere Observierungspunkte errichtet haben. Eine türkische Delegation tourte unabhängig davon in der Umgebung und versicherte der Restbevölkerung Unterstützung beim Bau von Schulen und Märkten. Noch am selben Tag starteten Islamisten von Jaish al-Izzah einen Vergeltungsangriff auf Helfaya in der Nähe, in dessen Folge angeblich sechs Soldaten getötet wurden. Die zweite Reaktion folgte in der darauffolgenden Nacht, wo eine Spezialeinheit der größten islamistischen Gruppierung Tahrir al-Sham (ehemals bekannt unter den Namen Fateh al-Sham und Jabhat al-Nusra) eine Militärposition der syrischen Armee bei Helfaya in Nord-Hama überfiel und dabei angeblich 20 Soldaten tötete. Bisher gibt es für diese Meldung aber noch keine Bestätigung.

Anlass für die Nachtaktion auf Regierungsseite sind die ständigen Infiltrationsversuche von Jaish al-Izzah in Nord-Hama gewesen, die aber immer erfolgreich abgewehrt werden konnten. Mithilfe von Mörsern, Artillerie und verschiedenen Panzerabwehrwaffen attackierte man verschiedene Verteidigungsstellungen der Armee und lokaler Milizen, wobei mindestens zwei Soldaten getötet wurden. Die syrischen Streitkräfte reagierten mit Artillerie- und Luftschlägen.

Russland und die Türkei einigten sich vor einigen Wochen gemeinsam auf eine etwa 15 bis 20 Kilometer breite „demilitarisierte Zone“ entlang der Frontlinien in den Provinzen Idlib, Hama und Aleppo. Diese Pufferzone soll eine militärische Eskalation der derzeitigen Situation in Idlib verhindern, die letzte von der Opposition bzw. Islamisten gehaltene Provinz in Syrien. Die Kontrolle sollen dann türkische und russische Patrouillen in einem Gebiet übernehmen, welches vom Latakia-Gebirge bis an die Großstadt Aleppo reicht. Mit diesen Verhandlungen konnten beide Länder eine lange vorbereitete und angekündigte Großoffensive der Syrisch-Arabischen Armee zumindest vorerst aufhalten. Da es aber immer unwahrscheinlicher wird, dass sich die Islamisten an diesen Deal halten werden, rückt eine solche Operation und eine Legitimation ebendieser wieder in den Vordergrund und könnte die einzige langfristige Lösung für das Idlib-Problem darstellen.

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