al-Assad-Viertel in Aleppo zurückerobert | Aleppo-Offensive gescheitert

In den letzten 24 Stunden konnte die Syrisch-Arabische Armee, angeführt von der offensiven Eliteeinheit der Tiger Forces unter Suleil al-Hassan, der Hisbollah und kleineren Milizen wie der Nusur al-Zawba’a wichtige Eroberungen im Westen der Stadt Aleppo verzeichnet werden und dabei die letzten erkämpften Territorien der oppositionellen Aleppo-Offensive zurückerobern.

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Eroberungen der letzten 24h (gelb umrahmt)

Die größte Errungenschaft dafür gilt dem al-Assad-Viertel, ein mehrheitliches Villenviertel mit einer katholischen Schule und mehreren diplomatischen Institutionen (wie z.B. die philippinische Botschaft). Sie war zuvor von drei Fronten im Süden, Westen & Norden umkreist, war insofern ein leicht eroberbares Ziel. Nachdem sowohl das „1070 Housing Project“, als auch das nördlich gelegene Dorf Minyan (mit dazugehörigen Industriebezirk weiter westlich) erobert wurde, wurden die Flanken gesichert und damit der Effekt umgekehrt. Die Opposition hatte keine Chance und musste sich zwangsweise von dort zurückziehen. Nebenbei wurden auch die Minyan-Sägemühlen nordwestlich erobert. Als nächste Ziel konnte man die Rashadin-Bezirke beobachten, nachdem es bereits Mörser- und Artillerieangriffe darauf gab.

„Die große Schlacht um Aleppo“ ist nach 2 Tagen gescheitert

Zwei Tage seit dem Beginn der nach dem ehemaligen Bananenverkäufer und getöteten Jaysh al-Mujaheedin-Kommandanten Yusuf Zo’ah benannten Offensive zur Aufhebung der Belagerung von Ostaleppo zeigen sich mehrere klare militärische Verhältnisse: Den Islamisten unter der Führung von Jaysh al-Fateh gelingt kein Durchbruch, trotz westlicher Unterstützung und ausländischen Selbstmordattentätern.

Der Beginn der Offensive am 28. Oktober begann verheißungsvoll: Nach wenigen Stunden konnte die Opposition, angeführt vom islamistischen Bündnis Jaysh al-Fateh unter der Obhut von Fateh al-Sham, bereits die Eroberung des al-Assad-Viertels im Westen der Stadt vermelden. Ebenfalls gab es kleinere Eroberungen nördlich und südlich des Viertels, sowohl mehrere Fabriken in Miniyan und weiter nördlich bei den Obari-Farmen & Umgebung konnte die Opposition für sich beanspruchen. Am nächsten Tag konnten ebenfalls fast die letzten Teile des 1070 Housing Projects erobert werden.

Daraus resultierend drohte mehreren zivilen „Kernvierteln“ Westaleppos die Flankierung von mehreren Seiten, unabdingbar für die Eroberung dieser Bezirke. Weitere Angriffe gab es auf den Zahra-Distrikt weiter nördlich, aufgrund fehlender Erfolge und Stärke wird es sich hierbei aber wohl eher um eine Ablenkung gehandelt haben.

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Angriff eines Selbstmordattenäters (SVIED) auf al-Assad

Diese Erfolge waren vor allem einer Waffe geschuldet: Selbstmordattentätern. Alleine am ersten Tag sollen mindestens 5 Selbstmordattentäter mithilfe von mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge mehrere Positionen in al-Assad und 1070 gesprengt haben.  Dabei bekannte man sich medial zu folgenden Selbstmordattentätern, welche als Märtyrer gefeiert werden:

  1. Batar al Jazrawi, saudischer Staatsbürger und Mitglied von Jund al-Aqsa
  2. Hudhayfa al-Turki, türkischer Staatsbürger und Mitglied der zentralasiatischen Turkmen Islamic Party
  3. Mus’ab Fayyad, syrischer Staatsbürger und Mitglied von Fateh al-Sham
  4. Omar al Masri, ägyptischer Staatsbürger und Mitglied von Fateh al-Sham
  5. Abu Haitham al Masri, ägyptischer Staatsbürger und Mitglied von Fateh al-Sham
  6. Abdul Aziz Turki, türkischer Staatsbürger und Mitglied der Turkmen Islamic Party (29. Oktober)
  7. Shahidallah al-Turkistani, wahrscheinlich ein Uigur, Mitglied der Turkmen Islamic Party (30. Oktober)
  8. Khatab al-Tabuki, saudischer Staatsbürger und Mitglied von Fateh al-Sham (3. November)

Anfängliche Erfolge bleiben aus

Trotz dem Einsatz mehrerer Selbstmordattentäter und auch mehreren tausend Soldaten konnte die Opposition weiterhin nicht vordringen und dadurch ihr Momentum verlieren, Eines der stärksten Waffen. Die Hauptachse des Angriffes befand sich nun auf Miniyan und New Aleppo. Der Erfolg blieb aus, einige Journalisten filmten Positionen direkt am Kreisverkehr vor dem Distrikt. Die darauffolgenden Tage bis heute blieben ruhig, die Kämpfe scheinen nun in Miniyan und zwischen al-Assad und 3000 Apartment Project weiterzugehen. Große Mengen an Panzer und Truppentransporter sollen zerstört worden sein.

Die Armee und ihre Verbündete sollen weitere Verbände nach Aleppo beordert haben, so soll die in Aleppo ansässige syrisch-palästinensische Liwa al-Quds mindestens 3000 Mitglieder dort versammelt haben (siehe Video).  Ebenfalls sind in kleineren Mengen ebenfalls die irakische und libanesische Hisbollah aktiv, wobei sie eher Positionen nahe dem Internationalen Flughafen der Stadt im Osten übernehmen. Die russische Luftwaffe hingegen soll erst in den letzten Tagen aktiv geworden sein, möglicherweise hatte man die nötige Logistik für den eigentlich geplanten Großangriff der Regierung auf Ostaleppo geplant.

Das Ergebnis: Die Opposition konnte ihr Ziel nicht erreichen, die Belagerung von Ostaleppo aufzubrechen.

Vorwürfe von Giftgasangriffen durch die Opposition

Als Ergebnis durch den Dauerbeschuss von zivilen Gebäuden und Bezirken im Westen der Stadt (vor allem durch Hellcannons) kam es zu mindestens 53 getöteten Zivilisten in den ersten 4 Tagen des Angriffes, wie selbst die SOHR behauptete. Die Syrisch-Arabische Armee geht im gleichen Zeitraum von 84 getöteten Zivilisten & 280 Verletzten aus. Auch wird der Opposition vorgeworfen, in einem Angriff auf al-Hamdaniyah etwa 20 Giftgaskanister genutzt zu haben, was zu 48 Fällen der Erstickung führte. Derweil wurde auch das UN-Büro in Westaleppo direkt beschossen.

Innere Kämpfe zwischen Gruppen in Ostaleppo – Tote

Außerdem kam es zwischen verschiedenen islamistischen Gruppierungen im belagerten Ostaleppo zu Kämpfen und sogar Toten, der genaue Grund ist derzeit unklar. Einige sprechen von Ressourcen- und Machtverteilung innerhalb den Strukturen in Ostaleppo, Andere über den Umgang mit den „humanitären Flüchtlingskorridoren“ der syrischen Regierung und ob sie als Fluchtweg genutzt werden sollten.  Aufgrund dessen soll die FSA-Gruppe Fastaqem Union von der USA unterstützten Nour al-Din al-Zenki (bekannt für ihre Enthauptung eines 12-jährigen Kindes) angegriffen worden sein. Die Sham Front versucht diese Streitigkeit zwischen beiden ehemaligen Mitgliedern zu beenden, bisher ohne Erfolg. Diese Kämpfe sollen sich laut SOHR auch auf Idlib übertragen und insgesamt 18 Tote gefordert haben.

Oppositionsgruppen, die in der 2. Aufhebung der Belagerung involviert sind

Anmerkung: Aufgrund der Aktualität der Offensive können sich die beteiligten Gruppen jederzeit ändern bzw. zunehmen. Dementsprechend ist auch keine Vollständigkeit garantiert.

 

Laut Charles Lister sind ebenfalls folgende Gruppen aktiv, ohne genaue Beweise dazu zu nennen:

  • al-Jabhat al-Shamiya
  • 16th Division
  • Jaysh al-Tahrir
  • Jaysh al-Izza
  • Liwa Ahrar al-Sunnah
  • Jaysh al-Sunnah
  • Liwa al-Haqq

Erste Zivilisten & Kämpfer fliehen nach Westaleppo

Die vor 2 Tagen proklamierte Generalamnestie und Möglichkeit zur Flucht aus dem belagerten Ostaleppo scheint erste Erfolge zu verzeichnen: Laut Berichten des syrischen Fernsehens und dortigen Reportern flohen bereits Dutzende Familien und Kämpfer. 

Erste Videos und Bilder aus dem syrischen Fernsehen zeigen große Menschenmassen an Familien, die nach ihrer Ankunft in Westaleppo versorgt und interviewt werden. Dabei rufen Personen „Allah, Souriya, Bashar w bas“ („Gott, Syrien, Bashar [al-Assad] und nichts Weiteres/Anderes!“) um diese Situation zu feiern. Aleppo galt ohnehin stets als Hochburg der syrischen Regierung und dies änderte sich auch nicht zu dem Zeitpunkt, als die syrische Opposition 2012 von Seiten Idlibs und Al-Babs die Stadt angriff.

Erste Angaben sprechen von etwa 75 Familien, die über den Flüchtlingskorridor nahe der Saladehin-Kreuzung nach Westaleppo geflohen sind. Zum momentanen Zeitpunkt werden sie verpflegt, ihre Daten aufgenommen und später dann in extra für sie vorbereitete Wohnungen gebracht. Insgesamt gibt es 4 Flüchtlingskorridore, 3 für Zivilisten und 1 Weiteren für kapitulierende Kämpfer.

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Ebenfalls ergaben sich einige oppositionelle Kämpfer bereits freiwillig der SAA. Auch wenn die Zahl momentan sehr gering ist (auf dem Bild sind z.B. 9 Personen abgebildet) zeigt sie wesentlich größere Aspekte der Situation an, z.B. die Moral in Ostaleppo. Wenn Diese gut verpflegt werden und all die Versprechen umgesetzt werden kann dies schnell zu einer größeren Menge führen, die fliehen möchte. Ein gewisses Misstrauen existiert weiterhin. Auf dem Bild verschleiern sie ihre Gesichter damit ihren Familien nicht dem Risiko irgendwelcher Racheaktionen der restlichen Kämpfer ausgesetzt sind.

 

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