Türkischer Militärkonvoi betritt Idlib

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In Folge von diplomatischen Verhandlungen mit der größten islamistischen, oppositionellen Gruppierung Tahrir al-Sham (ehemals bekannt unter den Namen Jabhat Fateh al-Sham und Jabhat al-Nusra, al-Qaida-Ableger) traf ein militärischer Konvoi der türkischen Streitkräfte an der Grenze zum kurdischen Afrin-Kanton in der Provinz Idlib ein.

Vom Atmeh-Grenzübergang aus erreichten die schätzungsweise 80 bis 200 Soldaten die Stadt Daret Izza nahe der türkischen Grenze. Neben Truppentransportern gab es ebenfalls mindestens fünf Panzer und zwölf weitere, gepanzerte Fahrzeuge. Die angeblich geplante Operation gegen Tahrir al-Sham scheint sich als eine List herauszustellen, in Wirklichkeit zielen alle Aktionen der Türkei gegen die Kurden im isolierten Afrin-Kanton, welches von der YPG dominiert wird.

Der Afrin-Kanton befindet sich in der nordwestlichsten Ecke des Landes. Im Norden und Westen befindet sich die Türkei, deren Aktionen sich bisher an den Grenzen auf einem Mauerbau und Sperren beschränkten. Im Süden befindet sich die Provinz Idlib, die von islamistischen Gruppierungen wie Ahrar al-Sham oder Tahrir al-Sham beherrscht werden und die SDF abgrundtief hassen. Dort kam es in der Vergangenheit zu kleineren Plänkeleien, die jedoch nie ein größeres Ausmaß annahmen. Im Osten liegt das Gebiet des „Euphrates Shield“, dem Operationsgebiet der Türkei und seiner verbündeten Milizen. Die Errichtung von militärischen Positionen entlang der südlichen Grenze von Afrin bedeutet eine weitere Isolation, die letzte wirkliche Verbindung besteht zur syrischen Regierung in Richtung von Aleppo.

Türkei hat KEINE Offensive in Nordsyrien gestartet

Trotz immenser, medialer Berichterstattung starteten türkische Streitkräfte und verbündete Einheiten der Freien Syrischen Armee bisher keine Bodenoffensive auf die Provinz Idlib, welche von Tahrir al-Sham (ehemals bekannt unter dem Namen Jabhat Fateh al-Sham und al-Nusra, al-Qaida-Ableger) dominiert wird. Im Gegenteil, zwischen einer diplomatischen Delegation der Türkei und Tahrir al-Sham kam es in den letzten Tagen zu kurzen und geheimen Verhandlungen. Das wirkliche Augenmerk liegt im Kampf gegen die SDF/YPG bzw. Kurden in dem Kanton Afrin.

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Teile der Mauer entlang der syrischen Grenze werden entfernt

Es gab erste Anzeichen einer tatsächlichen Invasion der türkischen Armee und seiner Verbündeten auf Idlib, nahe der Atmeh entfernten mehrere Baufirmen Teilstücke des Grenzwalls entlang der syrischen Grenze. Es gab mehrere Gerüchte über Kämpfe nahe Aqrabat und Babisqa, welche sich aber nicht bewahrheitet haben. Über die vergangenen Monate wurden immer mehr Truppenkontigente der türkischen Armee zur syrischen Grenze bei Idlib gebracht. Selbst Erdogan verkündete in einer Rede, es finde derzeit eine „sehr wichtige Operation“ in Idlib statt. Demnach sollen die verbündeten Einheiten der FSA bzw. TFSA alleine eine Offensive gestartet haben, er dementierte jegliche Beteiligung türkischer Einheiten. Russland soll dabei Luftunterstützung geben.

Die Tatsachen am Boden sprechen jedoch eine andere Sprache: Es gibt keinen einzigen Kampf zwischen den beiden Seiten. Lediglich ein Konvoi von drei Fahrzeugen und türkischen Diplomaten wurde von mehreren Pick-Ups begleitet, welche klar zu Tahrir al-Sham gehören (siehe Video). Das Ziel war das Dorf Dayr Siman, etwa 15 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt und nahe dem von den Kurden regierten Gebiet Afrin.

Der Afrin-Kanton befindet sich in der nordwestlichsten Ecke des Landes. Im Norden und Westen befindet sich die Türkei, deren Aktionen sich bisher an den Grenzen auf einem Mauerbau und Sperren beschränkten. Im Süden befindet sich die Provinz Idlib, die von islamistischen Gruppierungen wie Ahrar al-Sham oder Tahrir al-Sham beherrscht werden und die SDF abgrundtief hassen. Dort kam es in der Vergangenheit zu kleineren Plänkeleien, die jedoch nie ein größeres Ausmaß annahmen. Im Osten liegt das Gebiet des „Euphrates Shield“, dem Operationsgebiet der TFSA und Türkei.

Angeblich ging es bei den Gesprächen zwischen den beiden Fraktionen um die Kontrolle nahe dem Afrin-Kanton, welche die Türkei beherrschen will um den Einfluss der USA/YPG einzudämmen. Auch wenn die Türkei verschiedene Deals mit dem Iran und Russland abgeschlossen hat und Diese die Bekämpfung von Tahrir al-Sham und der Etablierung einer „Deeskalationszone“ in Idlib vorsieht, so niedrig ist das Interesse an Kämpfen, an den die beiden Seiten als Verlierer herausgehen würden.

Die TFSA besteht aus verschiedenen Gruppierungen, die sich vor allem aus Milizen zusammensetzen, die sich zur FSA gehörig zählen. Bekannte Vertreter sind die Hamza und Sultan Murad Division, die ebenfalls von der USA unterstützt wurden. Allesamt sind sie im Territorium in Nord-Aleppo aktiv, dass die Türkei vom Islamischen Staat abgerungen hat. Viele Teile flohen aus Idlib, nachdem sie für ihren Widerstand gegen Tahrir al-Sham und die Unterstützung der Türkei verfolgt wurden. Auch wenn sie „moderater“ als viele Gruppen in Idlib erscheinen, sind sie keineswegs als „Freiheitskämpfer“ bekannt. Besonders Nord-Aleppo ist von Korruption und täglichen Entführungen betroffen.

 

Türkei bereitet sich für einen neuen Angriff auf die SDF vor

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T-155 Firtina an der türkisch-syrischen Grenze

Die Türkei scheint in den vergangenen Tagen vermehrt schwere Waffen, Fahrzeuge und Truppen in ihre besetzten Gebiete in Nordsyrien zu bringen. Diese Anzeichen könnten auf einen zukünftigen Angriff auf die SDF/YPG hindeuten, verschiedene Medien als auch die YPG erwartet einen Angriff auf den Afrin-Kanton, isoliert vom restlichen Territorium der SDF im Norden Syriens.

Die Türkei ist weiterhin versucht mithilfe der verbündeten Oppositionsgruppen seinen Einfluss im Norden zu erweitern und vor allem eine kurdische „Vereinigung“ zu verhindern. Deshalb startete man auch letztes Jahr die Operation „Euphrates Shield“, wo der Türkei und auch der USA nahe stehende Gruppierungen eine Offensive auf den Islamischen Staat in der Region um al-Bab startete. Das primäre Ziel war aber nicht die Bekämpfung des IS, sondern der Versuch einen Keil zwischen den verschiedenen Kanton zu treiben und eine Verbindung zu verhindern. Faktisch wurden diese Ziele jedoch verfehlt, da die syrische Armee die östlichen Territorien der Provinz Aleppo erobern konnte und die SDF bisher sich frei im Gebiet der Regierung bewegen konnte, insofern also auch eine Fahrt zwischen Afrin und z.B. Manbij möglich war.

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Der Afrin-Kanton (grün)

Der Afrin-Kanton befindet sich in der nordwestlichsten Ecke des Landes. Im Norden und Westen befindet sich die Türkei, deren Aktionen sich bisher an den Grenzen auf einem Mauerbau und Sperren beschränkten. Im Süden befindet sich die Provinz Idlib, die von islamistischen Gruppierungen wie Ahrar al-Sham oder Tahrir al-Sham beherrscht werden und die SDF abgrundtief hassen. Dort kam es in der Vergangenheit zu kleineren Plänkeleien, die jedoch nie ein größeres Ausmaß annahmen. Im Osten liegt das Gebiet des „Euphrates Shield“, dem Territorium also wo eine mögliche, nächste Offensive ausgehen könnte. In den letzten Monaten kam es in der Region um Tel Rifaat immer zu Kämpfen, die oppositionellen Kämpfer erwiesen sich aber meist als recht inkompetent und konnten keine Erfolge erzielen.

Im Südosten liegt außerdem noch die syrische Regierung und Russland, zu denen es besonders gute Beziehungen unterhält. Aufgrund der isolierten Lage von Afrin war es der USA nicht möglich einen Einfluss zu gewinnen, wodurch neue Optionen vor allem für Russland geöffnet wurden. Russland soll inzwischen mindestens zwei Militärbasen in der Region betreiben, Eines davon dient zugleich als Ausbildungsort für YPG-Kämpfer. Aber auch die syrische Regierung kooperierte mit Afrin, bei der Aufhebung der Belagerung von den schiitischen Orten Nubl und Zaraa startete man gemeinsam eine Offensive auf die Opposition, die beiden Fraktionen einen Gebietsgewinn brachte. Am Ende übergab die Regierung sogar freiwillig Orte wie Ahras an die YPG, die genauen Gründe sind unbekannt.

Umso interessanter als ein Angriff der Türkei auf Afrin, da es im Gegensatz zur restlichen SDF bessere Beziehungen zur syrischen Regierung und Russland pflegt. Es gab ja immer wieder Gerüchte, dass die Türkei sich inzwischen eher auf die Seite Russlands im syrischen Konflikt schlagen würde, insofern ein solcher Angriff aber widersprüchlich wäre.

Türkisch dominierte Offensive in al-Bab gestoppt | IS erbeutet deutsche Panzer

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Situation um al-Bab nach den zugefügten Verlusten

Die türkisch-oppositionelle Operation „Euphrates Shield“ im Norden der Provinz Aleppo wurde vor ihrem eigentlichen Ziel, die Stadt al-Bab, gestoppt. Die letztens eroberten Stellungen um den Berg Aqil wurden mithilfe von 3 Selbstmordattentätern am gleichen Abend revidiert, die Verluste belaufen sich im zweistelligen Bereich.

 

Die 3 Selbstmordattentäter wurden allesamt bei der Rückeroberung des Berges genutzt, welcher einen strategischen Vorteil für die ganze Stadt verschafft. Über diese drei Personen ist erstaunlich wenig bekannt, eine Person heißt Abu Usahma al-Gazzawi und stammte aus Gaza, ein Anderer aus dem Irak und über die dritte Person ist (noch) nichts bekannt. Zumindest ein Selbstmordattentäter griff die Positionen südwestlich des Krankenhauses am Berg an.

Die genauen Todeszahlen sind wie üblich relativ undurchschaubar, während die Daesh nahe stehende Nachrichtenagentur AMAQ die getöteten türkischen Soldaten auf 20 beziffert und es weitere 30 Verletzte gab, nennt das türkische Verteidigungsministerium 16 Tote und weitere 16 Verletzte. 2 Soldaten davon sind danach im Krankenhaus verstorben. Laut weiteren Angaben sollen mindestens 32 Kämpfer der Opposition gestorben sein. Damit war dieser Tag der Verlustreichste der gesamten Operation.

Daesh erobert zwei Leopard 2-Kampfpanzer

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Außerdem eroberte Daesh auch einige Mengen an Waffen und Fahrzeugen, darunter auch zwei Leopard 2A4-Kampfpanzer der türkischen Armee. Ob diese auch im Kampf eingesetzt werden können ist derzeit fraglich, der Zustand der beiden Panzer ist unbekannt und ob Daesh das technische Know-How über die Instandhaltung, Wartung und Reparatur darüber verfügt ebenso. Dennoch könnte dies eine erneute Debatte über deutsche Waffenlieferungen entfachen, vor allem nachdem unzählige Waffen der Peschmerga im irakischen Kurdistan auf dem Schwarzmarkt und in die Hände des Islamischen Staates gefallen sind.

Die Stadt al-Bab ist sowohl essentiell für die syrische Opposition & Türkei, als auch für die Kurden/SDF. Dieses Gebiet ist eine effektive Pufferzone für die Türkei, in der sowohl Flüchtlinge Unterschlupf gegeben werden kann, als auch der Einfluss auf Syrien ausgeweitet wird. Primärer Zweck der Operation „Euphrates Shield“ sind aber die Kurden, denn dadurch wird es dem Afrin-Kanton unmöglich gemacht, sich mit den restlichen Kantonen weiter östlich zu verbinden und damit die türkische Grenze zu dominieren. Zurzeit ist die Annahme, dass die Operation in al-Bab vor allem von der türkischen Armee dominiert wird, da die restlichen oppositionellen Kräfte seit Jahren in der Region keine sonderlich positive Rolle einnahmen und sich mehrmals zurückziehen mussten.

 

Syrische Luftwaffe attackiert türkische Stellungen in Nordsyrien

Am Morgen des 24. November, exakt ein Jahr nach dem Abschuss des russischen Jets nahe der türkischen Grenze, griff die syrische Luftwaffe mit L-39 „Albatros“ türkisch-oppositionelle im Norden Syriens an. Wie inzwischen das türkische Verteidigungsminsterium mitteilte, wurden dabei 3 türkische Soldaten getötet und 11 Oppositionskämpfer verletzt.

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Die getöteten Soldaten

Den Angriffen geht eine ältere Verlautbarung des Generalkommandos der Syrisch-Arabischen Armee (SAA) zuvor, die mit dem Abschuss von türkischen Jets drohe, insofern Diese weiter kurdische (bzw. SDF/YPG) Stellungen beschießen werde. In den letzten Tagen kam es wiederum häufiger zu Angriffen und Luftschlägen auf von der SDF eroberte Dörfer, z.B. Jubb al-Barazi. Der wirkliche Grund für diesen Angriff könnte aber wohl eher der Artilleriebeschuss der türkischen Armee auf Stellungen der SAA in Latakia sein, vor allem in der Umgebung von Nawarah. Wenige Stunden zuvor startete dort die SAA & Verbündete eine Offensive, die aber schnell zurückgeschlagen wurde.

Syrische Armee droht mit dem Abschuss von türkischen Jets

Das syrische Verteidigungsministerium veröffentlichte vor wenigen Minuten eine Pressemitteilung mit der Verlautbarung, das bei zukünftigen Verletzungen des syrischen Luftraumes & Angriffen in Aleppo die „richtigen Vorkehrungsmaßnahmen“ in Form von Abschüssen getätigt werden.

Als Legitimation dafür wird die angebliche Tötung von über 150 Zivilisten durch das „Erdogan-Regime“ in Nordaleppo aufgeführt, vor allem auch durch Beschuss von kurdischen Dörfern und Städten im Afrin-Kanton. Ebenfalls wird wohl ein Zusammenhang von zukünftigen Angriffen auf die YPG/SDF in Nordaleppo stehen, da die syrische Regierung und die SDF durchaus gute Beziehungen besitzen und das SDF-Territorium sehr gut als Pufferzone für Regierungstellungen in Aleppo gegenüber der FSA & Islamisten in der von der Türkei unterstützten Operation „Euphrates Shield“ dienen kann. Möglicherweise handelt es sich auch nur um diplomatische Worthülsen, eine Bereitschaft der syrischen Luftwaffe ist kategorisch nicht auszuschließen, da bereits 2012 ein türkischer Jets abgeschossen wurde.

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Statement

Türkische Armee attackiert Zivilisten in Kobane – Tote

Nachdem die türkische Armee auf 20 Meter in das syrische Territorium nahe Kobane eingedrungen ist,mit dem Ziel eine große Mauer/Schutzwall an der syrischen Grenze zu errichten, kam es zu Demonstrationen und Ausschreitungen der dortigen Bevölkerung.

Berichten zufolge kam es bis zu dem momentanen Zeitpunkt zu einem Toten und weiteren 80 Verletzten, wovon knapp 20 sich in kritischen Zustand befinden. Die Verletzungen sind höchst wahrscheinlich auf Schüsse und weitere polizeiliche Maßnahmen zurückzuführen. Momentane Videos zeigen die Proteste der kurdischen Bevölkerung die weitestgehendst zu kurdischer Musik friedlich protestieren und dabei von türkischen Wasserwerfern angegriffen werden.

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Aktive Oppositionsgruppen in der Jarablus-Offensive

Vorwort: Aufgrund der begrenzten Größe der Operation „Euphrates Shield“ und einer geschätzten Personalstärke von 800-1.500 Soldaten (+ türkische Einheiten) sind die Belege primär Verlautbarungen/Pressemitteilungen und Bilder im Gegensatz zu den vorherigen Artikeln, wo Videos als Quelle benutzt wurden. Außerdem kam es bis zu dem momentanen Zeitpunkt zu keinerlei Kämpfen zwischen Daesh und der FSA & Türkei. Vollständig ist nicht garantiert, für nähere Information der Offensive siehe diesen Artikel.

Politische Fraktionen:

 

Türkische Armee greift Jarablus an, Intervention in Syrien

Von der Nacht vom 23. zum 24. August begann die türkische Armee mit direkten Artilleriebeschuss und Luftschlägen auf die syrische Grenzstadt Jarablus, Eine der letzten Versorgungsrouten zwischen der Türkei und Daesh-Territorium, nachdem es bereits Tage zuvor es zu leichten, gegenseitigen Mörserbeschuss kam. Den Angriffen geht der Bericht voraus, dass eine ~800-1.500 starke Gruppierung aus verschiedenen Fraktionen wie z.B. Sultan Murad oder 13th Division plante, die Stadt vom türkischen Territorium aus anzugreifen.

Das unerwartete Ereignis ist hingegen der direkte Einsatz von türkischen Spezialeinheiten wie türkische Fernsehsender bestätigen, die sogenannten „Maroon Berets“ mit Unterstützung der „Joint Special Task Force“, einer Kommandostruktur bestehend aus den verschiedenen Teilstreitkräften der Armee. Damit befinden sich türkische Einheiten offiziell in syrischen Territorium. Inzwischen kommt es auch von Berichten dass reguläre, türkische Panzer die Grenze überquert haben.

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Operationsziel

Dies zeigt dass die Türkei diese Operation (genannt Euphrates Shield) sehr ernst meint ist, mittelfristiges Ziel wird eine Pufferzone zwischen Daesh und der Türkei sein, einige Quellen sprechen ebenfalls von dem Ziel den ~50km langen Grenzstreifen zwischen der von der Opposition gehaltenen al-Rai und Jarablus zu schließen und damit die gesamte Grenze zu schließen. Das langfristige Ziel ist jedoch ein Anderes. Dieser Grenzstreifen ist nicht nur für Daesh, die Opposition und der Türkei sehr wichtig sondern ebenfalls auch für die von den Kurden dominierten SDF. Diese benötigen dieses Grenzgebiet um ihre beiden Kantone Afrin und Manbij zu vereinen und damit ganz Nordsyrien zu beherrschen. Diese Vorstellung wäre für Erdogan der absolute Horror.

Inzwischen wird diese Vorstellung auch für den syrischen Präsidenten Assad eine unbequeme Wahrheit, nachdem die YPG als Verbündeter gehandelt wurde, wurde diese Beziehung hintergangen und ein Krieg zwischen der NDF und Asayish/YPG in al-Hasakah angezettelt, die zur Eskalation und Kapitulation der Regierung führte. Aus diesem Grund und den geheimeren Gesprächen und Annäherungsversuchen der Türkei an Russland & Iran wird Assad sich höchst wahrscheinlich damit arrangieren können, dass türkische Einheiten auf syrischen Boden aktiv sind (und er sicherlich von der Operation Bescheid wusste). Wenn sich zwei Kontrahenten (Opposition & SDF) gegenseitig bekämpfen, freut sich der lachende Dritte (syrische Regierung).

Die genaue Rolle der Türkei ist momentan aber nicht vorhersehbar, einerseits könnte es sich lediglich um einen reinen PR-Stunt handeln um Aktivismus gegen Daesh zu simulieren, nach größeren Eroberungen ebenfalls die syrische Armee anzugreifen um seinen „Marsch nach Aleppo“ zu vollenden, oder schlichtweg einfach Oppositionskämpfer benutzt, um Assad zu unterstützen.

tl;dr: Türkische Spezialeinheiten bekämpfen verbündet mit der syrischen Opposition Daesh, um zukünftig ebenfalls die SDF/Kurden zu bekämpfen. Assad geht als größter Nutznießer der Situation hervor.

Update bezüglich der Situation, 17 Uhr: Die FSA erklärte die Stadt Jarablus & umgebene Dörfer völlig in ihrer Kontrolle gebracht zu haben, es gibt kaum Berichte von Kämpfen und wahrscheinlich stieß man auf wenig Widerstand, nachdem die Stadt ohnehin in einer prekären Situation war und Verteidigungspositionen absolut unmöglich waren. Die nächste Phase wird die Eroberung aller Gebiete am Grenzgebiet beinhalten.

Währenddessen besuchte der amerikanische Vizepräsident Joe Biden die Türkei und rief die YPG dazu auf, sich von den Gebieten westlich des Euphrates zurückzuziehen und laut YPG-Pressesprecher folgten sie devot diesen Befehlen, die in jeglicher Hinsicht den türkischen Interessen seit Monaten entsprachen. Damit stellt sich die USA nicht nur absolut hinter die Türkei, sondern erneut wurden die Kurden von ihren Verbündeten verraten.

Türkischer Reichstagsbrand

Rund 15 Stunden nach dem Beginn des Militärputsches und dem wohl auch absehbaren Ende dieses Coups gibt es in der Allgemeinheit bereits Zweifel an der „Authentizität“ dieses Putsches, vor allem ein Resultat aus dem dilettantischen Vorgehen der Armee. Erlebten wir einen neuen Röhm-Putsch? 

Es scheint einen immer wiederkehrenden Algorithmus in der modernen türkischen Geschichte zu geben, der Algorithmus der Militärputsche innerhalb einer Dekade, so geschehen 1960, 1971, 1980 und 1997. Die Türkei hatte schon immer das Problem der „konspirativen Verflechtung von Militär, Geheimdiensten, Politik, Justiz, Verwaltung […]“, passenderweise beschrieben als „Tiefen Staat„. Das Militär und ebenfalls der türkische Geheimdienst sahen sich schon immer als die „Bewahrer“ der kemalistischen Türkei, der kemalistischen Türkei die von Erdogan und der AKP durch den zunehmenden islamischen Einfluss bedroht wurde. Nichtsdestotrotz darf man nicht vergessen, dass die Militärputsche der Vergangenheit ebenfalls den Sturz demokratischer Regierungen zu verantworten hatte, z.B. 1960, 1971 oder 1997.

Ironischerweise sprechen gerade türkische Medien und einige ehemalige Offiziere in der Armee davon, dass der putschende Teil der Armee gerade Anhänger der „Gülen-Bewegung“ waren, Erdogan’s erbitterter Erzfeind trotz großer ideologischer (islamistischer) Nähe. Ob es sich hierbei um gesicherte Informationen handelt, oder nur um die traditionelle Bedienung des Feindbildes ist unklar.

Obwohl es sich also um keine ungewöhnliche Tat handelt fragen sich nun trotzdem Leute, ob es sich um eine reine Inszenierung handelt mit dem Ziel, unliebsame Opposition in der Türkei zu beseitigen, durch den enormen Rückhalt der Bevölkerung quasi eine „Einheitsfront“ auszurufen und mitsamt einer Dolchstoßlegende Erdogan als lebenden Volksheld darzustellen, Bezwinger einer internationalen Verschwörung der USA (Zitat Erdogan) um die neue Supermacht Türkei zu zerstören. Es gibt tatsächlich äußerst ungewöhnliche Ereignisse und Aktionen für einen Umsturzversuch, wie selbst ehemalige CIA-Mitarbeiter gestern live bei CNN bestätigten.

Anmerkung: Ich möchte lediglich der Gesamtheit halber einige Beispiele für diese Möglichkeit erwähnen und dabei keine Wertung abgeben, die aufgrund der unzureichenden Informationen sich ohnehin als unmöglich gestaltet. 

Genannte Beispiele für eine mögliche Inszenierung war die fehlende Kontrolle gesamter Fernseh- bzw. Medienhäuser. Es wurden selbstverständlich einige Staatssender besetzt und unter die Kontrolle der Putschisten gebracht, aber nun mal ebenfalls sehr Wichtige nicht. Auch ist die Uhrzeit ein populäres Beispiel,  um ~21:30 Uhr konnte die Armee trotz landesweiter Ausgangssperre keinen zivilen Widerstand erwarten. Auch wurde sehr schleppend Verkehrsknotenpunkte und auch fast nur in Ankara und Istanbul gesperrt. Ebenfalls ist sehr interessant der Punkt, dass Erdogan scheinbar äußerst entspannt auf die gesamte Situation reagierte, währenddessen er bei ausländischer Kritik in Form eines Liedes eine diplomatische Eskalation verursachte.

Als Gegenargument wiederum konnte man Erdogan nicht als „Verteidiger des Türkentums“ erleben, sondern als einen kleinen denunzierten und einfachen Mann, der per Handy und Skype im türkischen Fernsehen zum Widerstand aufrief. Eine solche Darstellung ist innerhalb der türkischen Gesellschaft eine enorme Schmach, die der Reputation sicherlich schädigte. Ganz zu schweigen davon, dass die Türkei ein stabiles Land ist.

Um das Gebiet der Verschwörungstheorien zu verlassen und auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren: Ein äußerst interessantes Verhalten offenbarte sich hingegen in den internationalen Reaktionen: Während z.B. Soldaten der syrischen Armee die Nacht zelebrierten und die Wirren zur Offensive an der türkischen Grenze nutzten, viele Oppositionsparteien und der Iran den Militärputsch verurteilten und die Huthi-Rebellen gemischt reagierten gab es äußerst zurückhaltende Reaktionen aus dem Westen. Zu Beginn der unklaren Situation und deren Ausgang gab es keinerlei Reaktion der EU und USA, später folgten wie aus Russland eher vorsichtige Aussagen, die für eine „Stabilität in der Türkei“ hofften und man von einem „Aufstand“ redete. Erst als der Ausgang klar war und die Putschisten unterlegen waren äußerste sich zuerst ein EU-Minister und später auch andere Staatsoberhäupter negativ über den Militärputsch. Das zeigt definitiv einen gewissen Unmut gegenüber Erdogan, möglicherweise gar eine gewisse Unterstützung des Putschversuches.

Erschreckend war hingegen der Ausbruch der Gewalt, nachdem Erdogan und die islamischen Kleriker vereint zum Widerstand auf den Straßen gegen die Putschisten aufgerufen hatte. Während davor die Situation eher ruhig war, der größte Teil der Soldaten gar einen unbeteiligten Ausdruck machten und es nur zu größeren Gewaltausbrüchen im Regierungsviertel zwischen der Polizei und den Putschisten in Ankara kam, wurde daraus sehr schnell ein lodernder Flächenbrand der Gewalt. Die Gewalt der Erdogan-Anhänger erreichte wirklich ungeahnte Höhen für diesen Putsch, einfache Soldaten wurden gefoltert und drangsaliert. Diese Gewalt führte zu Gegengewalt und endete im Endeffekt mit Hunderten Toten auf beiden Seiten.

Es drohen nun dunkle Wolken am Horizont der Türkei, die Türkei die wir kannten wird es nie wieder geben. Ähnlich des Reichstagsbrandes werden wir wohl nie letztendlich erfahren ob es sich um eine Inszenierung der eigenen machtpolitischen Skrupellosigkeit handelt, oder um einen tatsächlichen und einfach fragwürdig ausgeführten Akt. Der antidemokratische und inhumanistische Effekt wird der Gleiche sein, die Opposition wird unter dem Argument der Sicherheit gegen Umsturzversuche ausgemerzt werden, die Prozedur zur Transformation einer Diktatur wird wesentlich beschleunigt werden und die Unterstützung Erdogans wird nach dem Denunzieren der Putschunterstützer einen gewaltigen Sprung nach oben machen. Erdogan scheint am Zenit seiner Macht, die Position des Präsidenten wird ihn für die nächsten Jahrzehnte wohl niemand streitig machen.

Meiner persönlichen Ansicht kann man aber auch über den misslungenen Umsturzversuch positiv gestimmt sein, Erdogan wird die nächste Zeit sich wohl völlig auf die Innenpolitik konzentrieren müssen und wird dadurch vor allem im Augenmerk auf Syrien & Irak wesentlich verringern. Die Industrie wird ein wesentliches Problem zukünftig werden, nachdem Investoren die Instabilität der Türkei sehen. Ein Erfolgreicher Putsch wäre ebenfalls problematisch gewesen, da aufgrund der großen Unterstützung Erdogans (Unterstützung Erdogans ≠ Unterstützung gegen Putsch) es dann höchst wahrscheinlich durchaus zu einem Bürgerkrieg entwickeln könnte. Anhand der Aktivitäten der PKK und Daesh-Schläferzellen wäre daraus ein Syrien 3.0 geworden. Daraus würde ebenfalls eine Flüchtlingskrise 3.0 resultieren, die den rechten Parteien wohl den „Endsieg“ bedeuten würde und damit ein modernes Europa dem Untergang geweiht wäre.

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