Türkei startet neuen Angriff auf syrische Kurden

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Der Afrin-Kanton (grün)

Die Türkei scheint am Dienstag Abend einen neuen Angriff auf das Territorium der SDF/YPG im Norden Syriens gestartet zu haben. Die Operation beschränkt sich derzeit Berichten zufolge nur auf Artilleriegeschosse auf die Städte und Dörfer Tall Rifaat, Sheikh Issa und Harbul. Mehrere Aufklärungsflugzeuge sollen über Afrin gesichtet worden sein.

In den vergangenen Tagen gab es unzählige Beweise die auf einem bevorstehenden Angriff der türkischen Streitkräfte und seinen verbündeten Oppositionsmilizen hindeuteten, nachdem immer mehr schweres Kriegsgerät über die syrisch-türkische Grenze gebracht wurde. Die Möglichkeit eines Angriffes bestand schon länger, Viele sahen den Zeitpunkt nach dem Ramadan/zu Eid al-Fitr als günstig an, wie er sich derzeit auch bewahrheitet hat. Als Ziele einer späteren, ersten Bodenoffensive werden Tel Rifaat und die weiter nordwestlich gelegene Menagh-Luftwaffenbasis gesehen, die auch für die syrische Regierung eine symbolische Bedeutung im Kampf gegen die Opposition hat.

Der Afrin-Kanton befindet sich in der nordwestlichsten Ecke des Landes. Im Norden und Westen befindet sich die Türkei, deren Aktionen sich bisher an den Grenzen auf einem Mauerbau und Sperren beschränkten. Im Süden befindet sich die Provinz Idlib, die von islamistischen Gruppierungen wie Ahrar al-Sham oder Tahrir al-Sham beherrscht werden und die SDF abgrundtief hassen. Dort kam es in der Vergangenheit zu kleineren Plänkeleien, die jedoch nie ein größeres Ausmaß annahmen. Im Osten liegt das Gebiet des „Euphrates Shield“, dem Territorium wo die nächste Offensive auf Afrin von ausgehen wird. In den letzten Monaten kam es in der Region um Tel Rifaat immer zu Kämpfen, die oppositionellen Kämpfer erwiesen sich aber meist als recht inkompetent und konnten keine Erfolge erzielen.

Im Südosten liegt außerdem noch die syrische Regierung und Russland, zu denen es besonders gute Beziehungen unterhält. Aufgrund der isolierten Lage von Afrin war es der USA nicht möglich einen Einfluss zu gewinnen, wodurch neue Optionen vor allem für Russland geöffnet wurden. Russland soll inzwischen mindestens zwei Militärbasen in der Region betreiben, Eines davon dient zugleich als Ausbildungsort für YPG-Kämpfer. Aber auch die syrische Regierung kooperierte mit Afrin, bei der Aufhebung der Belagerung von den schiitischen Orten Nubl und Zaraa startete man gemeinsam eine Offensive auf die Opposition, die beiden Fraktionen einen Gebietsgewinn brachte. Am Ende übergab die Regierung sogar freiwillig Orte wie Ahras an die YPG, die genauen Gründe sind unbekannt.

Umso spannender wird die Wertung der syrischen Regierung für diesen Angriff ausfallen, da eine Positionseinnahme zu erwarten ist. Nach dem Abschuss des syrischen Kampfjets durch die USA kam es zu Spannungen zwischen SDF und der Regierung, die ebenfalls bis nach Afrin reichten. Für kurze Zeit waren angeblich alle Straßen nach Afrin versperrt gewesen, diese faktische Belagerung soll sich aber wieder schnell aufgelöst haben. Andererseits wird die Regierung kein größeres Oppositionsterritorium dulden, welches dann viele Städte wie Nubl und Zaraa von drei Seiten eingschlossen sieht. Auch für die Opposition selber könnte das zu Problemen führen, da die Islamisten in Idlib die Kämpfer bei „Euphrates Shield“ als Verräter und Marionetten der Türkei und USA betrachten. Eine friedliche Koexistenz erscheint also auch in diesem Szenario unwahrscheinlich.

Türkei bereitet sich für einen neuen Angriff auf die SDF vor

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T-155 Firtina an der türkisch-syrischen Grenze

Die Türkei scheint in den vergangenen Tagen vermehrt schwere Waffen, Fahrzeuge und Truppen in ihre besetzten Gebiete in Nordsyrien zu bringen. Diese Anzeichen könnten auf einen zukünftigen Angriff auf die SDF/YPG hindeuten, verschiedene Medien als auch die YPG erwartet einen Angriff auf den Afrin-Kanton, isoliert vom restlichen Territorium der SDF im Norden Syriens.

Die Türkei ist weiterhin versucht mithilfe der verbündeten Oppositionsgruppen seinen Einfluss im Norden zu erweitern und vor allem eine kurdische „Vereinigung“ zu verhindern. Deshalb startete man auch letztes Jahr die Operation „Euphrates Shield“, wo der Türkei und auch der USA nahe stehende Gruppierungen eine Offensive auf den Islamischen Staat in der Region um al-Bab startete. Das primäre Ziel war aber nicht die Bekämpfung des IS, sondern der Versuch einen Keil zwischen den verschiedenen Kanton zu treiben und eine Verbindung zu verhindern. Faktisch wurden diese Ziele jedoch verfehlt, da die syrische Armee die östlichen Territorien der Provinz Aleppo erobern konnte und die SDF bisher sich frei im Gebiet der Regierung bewegen konnte, insofern also auch eine Fahrt zwischen Afrin und z.B. Manbij möglich war.

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Der Afrin-Kanton (grün)

Der Afrin-Kanton befindet sich in der nordwestlichsten Ecke des Landes. Im Norden und Westen befindet sich die Türkei, deren Aktionen sich bisher an den Grenzen auf einem Mauerbau und Sperren beschränkten. Im Süden befindet sich die Provinz Idlib, die von islamistischen Gruppierungen wie Ahrar al-Sham oder Tahrir al-Sham beherrscht werden und die SDF abgrundtief hassen. Dort kam es in der Vergangenheit zu kleineren Plänkeleien, die jedoch nie ein größeres Ausmaß annahmen. Im Osten liegt das Gebiet des „Euphrates Shield“, dem Territorium also wo eine mögliche, nächste Offensive ausgehen könnte. In den letzten Monaten kam es in der Region um Tel Rifaat immer zu Kämpfen, die oppositionellen Kämpfer erwiesen sich aber meist als recht inkompetent und konnten keine Erfolge erzielen.

Im Südosten liegt außerdem noch die syrische Regierung und Russland, zu denen es besonders gute Beziehungen unterhält. Aufgrund der isolierten Lage von Afrin war es der USA nicht möglich einen Einfluss zu gewinnen, wodurch neue Optionen vor allem für Russland geöffnet wurden. Russland soll inzwischen mindestens zwei Militärbasen in der Region betreiben, Eines davon dient zugleich als Ausbildungsort für YPG-Kämpfer. Aber auch die syrische Regierung kooperierte mit Afrin, bei der Aufhebung der Belagerung von den schiitischen Orten Nubl und Zaraa startete man gemeinsam eine Offensive auf die Opposition, die beiden Fraktionen einen Gebietsgewinn brachte. Am Ende übergab die Regierung sogar freiwillig Orte wie Ahras an die YPG, die genauen Gründe sind unbekannt.

Umso interessanter als ein Angriff der Türkei auf Afrin, da es im Gegensatz zur restlichen SDF bessere Beziehungen zur syrischen Regierung und Russland pflegt. Es gab ja immer wieder Gerüchte, dass die Türkei sich inzwischen eher auf die Seite Russlands im syrischen Konflikt schlagen würde, insofern ein solcher Angriff aber widersprüchlich wäre.

Russland errichtet Militärbasis im Kurdengebiet

 

 

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Russische Soldaten in Afrin

Ein Pressesprecher der YPG veröffentlichte am Montag die Mitteilung, dass Russland in Kooperation mit der YPG/SDF im Afrin-Kanton im Nordwesten Syriens eine militärisch-zivile Basis errichten wird, die vor allem zum Training der dortigen Kämpfer dient. Diese Basis soll dafür in Qatmah entstehen. Genauere Planungen sind jedoch unbekannt, ein rein ziviler Nutzen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen Autoritäten ist nicht auszuschließen. Russische Truppen sollen bereits vor Ort sein.

Insgesamt besitzt die Aktion verschiedene Auswirkungen, z.B. wird damit ein ohnehin nicht existenter Einfluss der USA, im Gegensatz zu den restlichen Kantonen, erfolgreich (präventiv) verhindert. Das Afrin-Kanton erwies sich bereits in der Vergangenheit als sehr enger Verbündeter der syrischen Regierung im Kampf gegen die syrische Opposition, z.B. begann man Anfang 2016 gemeinsam eine Offensive im Norden der Provinz Aleppo, um die belagerten, schiitischen Städte Nubl und Zahraa zu befreien. Am Ende standen einzelne Verhandlungen über verschiedene Ortschaften, so wurden einige Städte an die YPG übergeben.

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Gehaltenes Territorium der türkisch-syrischen Operation „Euphrates Shield“

Besonders entscheidend ist aber ebenfalls der Faktor, dass damit die türkisch dominierte Operation „Euphrates Shield“ völlig eingekreist werden könnte. Während im Süden die Syrisch-Arabische Armee sitzt, deckt die SDF/YPG alle Gebiete westlich und östlich ab. Im Osten um Manbij übergab die SDF bereits mehrere Dörfer an Russland und die Syrisch-Arabische Armee, um ihre eigene Front gegen Euphrates Shield zu verkleinern bzw. wirksam weitere Kämpfe zu verhindern. Im Westen scheint nun in gewisser Weise das Selbe zu geschehen, die Türkei hat nun keine Möglichkeit mehr sich weiter zu expandieren ohne eine Eskalation mit weiteren Fraktionen (sprich: Russland und die syrische Regierung) zu riskieren.

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