Castillo-Straße erobert!

In der gestrigen Nacht am 17. Juli schaffte es die offensive Eliteeinheit der syrischen Armee „Tiger Forces„den Belagerungsring um Aleppo an seiner fragilsten Position zu verstärken und damit auch zu vertiefen. Direkt an der Hauptstraße wurde das gleichnamige Castello-Restaurant und weiter südwestlich befindliche Tel Castello-Hügel erobert. Damit befindet sich die Straße nicht mehr nur unter Feuerkontrolle, sondern auch unter faktischer Bodenkontrolle.

Den Erfolgen gehen weitere Erfolgen im Laraymoun-Industrieviertel südlich der Position voraus. Mit der Feuerkontrolle über den Layramoun-Kreisverkehr befindet sich quasi das gesamte Viertel unter der Kontrolle und nur noch die Beni Zeid-Nachbarschaft steht einer Vereinigung der beiden Offensiven entfernt, um die Belagerung perfekt zu machen.

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Rot: Layramoun-Kreisverkehr Gelb: Layramoun-Industrieviertel Grün: Castello-Restaurant + Hügel Blau: Castello-Straße

Türkischer Reichstagsbrand

Rund 15 Stunden nach dem Beginn des Militärputsches und dem wohl auch absehbaren Ende dieses Coups gibt es in der Allgemeinheit bereits Zweifel an der „Authentizität“ dieses Putsches, vor allem ein Resultat aus dem dilettantischen Vorgehen der Armee. Erlebten wir einen neuen Röhm-Putsch? 

Es scheint einen immer wiederkehrenden Algorithmus in der modernen türkischen Geschichte zu geben, der Algorithmus der Militärputsche innerhalb einer Dekade, so geschehen 1960, 1971, 1980 und 1997. Die Türkei hatte schon immer das Problem der „konspirativen Verflechtung von Militär, Geheimdiensten, Politik, Justiz, Verwaltung […]“, passenderweise beschrieben als „Tiefen Staat„. Das Militär und ebenfalls der türkische Geheimdienst sahen sich schon immer als die „Bewahrer“ der kemalistischen Türkei, der kemalistischen Türkei die von Erdogan und der AKP durch den zunehmenden islamischen Einfluss bedroht wurde. Nichtsdestotrotz darf man nicht vergessen, dass die Militärputsche der Vergangenheit ebenfalls den Sturz demokratischer Regierungen zu verantworten hatte, z.B. 1960, 1971 oder 1997.

Ironischerweise sprechen gerade türkische Medien und einige ehemalige Offiziere in der Armee davon, dass der putschende Teil der Armee gerade Anhänger der „Gülen-Bewegung“ waren, Erdogan’s erbitterter Erzfeind trotz großer ideologischer (islamistischer) Nähe. Ob es sich hierbei um gesicherte Informationen handelt, oder nur um die traditionelle Bedienung des Feindbildes ist unklar.

Obwohl es sich also um keine ungewöhnliche Tat handelt fragen sich nun trotzdem Leute, ob es sich um eine reine Inszenierung handelt mit dem Ziel, unliebsame Opposition in der Türkei zu beseitigen, durch den enormen Rückhalt der Bevölkerung quasi eine „Einheitsfront“ auszurufen und mitsamt einer Dolchstoßlegende Erdogan als lebenden Volksheld darzustellen, Bezwinger einer internationalen Verschwörung der USA (Zitat Erdogan) um die neue Supermacht Türkei zu zerstören. Es gibt tatsächlich äußerst ungewöhnliche Ereignisse und Aktionen für einen Umsturzversuch, wie selbst ehemalige CIA-Mitarbeiter gestern live bei CNN bestätigten.

Anmerkung: Ich möchte lediglich der Gesamtheit halber einige Beispiele für diese Möglichkeit erwähnen und dabei keine Wertung abgeben, die aufgrund der unzureichenden Informationen sich ohnehin als unmöglich gestaltet. 

Genannte Beispiele für eine mögliche Inszenierung war die fehlende Kontrolle gesamter Fernseh- bzw. Medienhäuser. Es wurden selbstverständlich einige Staatssender besetzt und unter die Kontrolle der Putschisten gebracht, aber nun mal ebenfalls sehr Wichtige nicht. Auch ist die Uhrzeit ein populäres Beispiel,  um ~21:30 Uhr konnte die Armee trotz landesweiter Ausgangssperre keinen zivilen Widerstand erwarten. Auch wurde sehr schleppend Verkehrsknotenpunkte und auch fast nur in Ankara und Istanbul gesperrt. Ebenfalls ist sehr interessant der Punkt, dass Erdogan scheinbar äußerst entspannt auf die gesamte Situation reagierte, währenddessen er bei ausländischer Kritik in Form eines Liedes eine diplomatische Eskalation verursachte.

Als Gegenargument wiederum konnte man Erdogan nicht als „Verteidiger des Türkentums“ erleben, sondern als einen kleinen denunzierten und einfachen Mann, der per Handy und Skype im türkischen Fernsehen zum Widerstand aufrief. Eine solche Darstellung ist innerhalb der türkischen Gesellschaft eine enorme Schmach, die der Reputation sicherlich schädigte. Ganz zu schweigen davon, dass die Türkei ein stabiles Land ist.

Um das Gebiet der Verschwörungstheorien zu verlassen und auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren: Ein äußerst interessantes Verhalten offenbarte sich hingegen in den internationalen Reaktionen: Während z.B. Soldaten der syrischen Armee die Nacht zelebrierten und die Wirren zur Offensive an der türkischen Grenze nutzten, viele Oppositionsparteien und der Iran den Militärputsch verurteilten und die Huthi-Rebellen gemischt reagierten gab es äußerst zurückhaltende Reaktionen aus dem Westen. Zu Beginn der unklaren Situation und deren Ausgang gab es keinerlei Reaktion der EU und USA, später folgten wie aus Russland eher vorsichtige Aussagen, die für eine „Stabilität in der Türkei“ hofften und man von einem „Aufstand“ redete. Erst als der Ausgang klar war und die Putschisten unterlegen waren äußerste sich zuerst ein EU-Minister und später auch andere Staatsoberhäupter negativ über den Militärputsch. Das zeigt definitiv einen gewissen Unmut gegenüber Erdogan, möglicherweise gar eine gewisse Unterstützung des Putschversuches.

Erschreckend war hingegen der Ausbruch der Gewalt, nachdem Erdogan und die islamischen Kleriker vereint zum Widerstand auf den Straßen gegen die Putschisten aufgerufen hatte. Während davor die Situation eher ruhig war, der größte Teil der Soldaten gar einen unbeteiligten Ausdruck machten und es nur zu größeren Gewaltausbrüchen im Regierungsviertel zwischen der Polizei und den Putschisten in Ankara kam, wurde daraus sehr schnell ein lodernder Flächenbrand der Gewalt. Die Gewalt der Erdogan-Anhänger erreichte wirklich ungeahnte Höhen für diesen Putsch, einfache Soldaten wurden gefoltert und drangsaliert. Diese Gewalt führte zu Gegengewalt und endete im Endeffekt mit Hunderten Toten auf beiden Seiten.

Es drohen nun dunkle Wolken am Horizont der Türkei, die Türkei die wir kannten wird es nie wieder geben. Ähnlich des Reichstagsbrandes werden wir wohl nie letztendlich erfahren ob es sich um eine Inszenierung der eigenen machtpolitischen Skrupellosigkeit handelt, oder um einen tatsächlichen und einfach fragwürdig ausgeführten Akt. Der antidemokratische und inhumanistische Effekt wird der Gleiche sein, die Opposition wird unter dem Argument der Sicherheit gegen Umsturzversuche ausgemerzt werden, die Prozedur zur Transformation einer Diktatur wird wesentlich beschleunigt werden und die Unterstützung Erdogans wird nach dem Denunzieren der Putschunterstützer einen gewaltigen Sprung nach oben machen. Erdogan scheint am Zenit seiner Macht, die Position des Präsidenten wird ihn für die nächsten Jahrzehnte wohl niemand streitig machen.

Meiner persönlichen Ansicht kann man aber auch über den misslungenen Umsturzversuch positiv gestimmt sein, Erdogan wird die nächste Zeit sich wohl völlig auf die Innenpolitik konzentrieren müssen und wird dadurch vor allem im Augenmerk auf Syrien & Irak wesentlich verringern. Die Industrie wird ein wesentliches Problem zukünftig werden, nachdem Investoren die Instabilität der Türkei sehen. Ein Erfolgreicher Putsch wäre ebenfalls problematisch gewesen, da aufgrund der großen Unterstützung Erdogans (Unterstützung Erdogans ≠ Unterstützung gegen Putsch) es dann höchst wahrscheinlich durchaus zu einem Bürgerkrieg entwickeln könnte. Anhand der Aktivitäten der PKK und Daesh-Schläferzellen wäre daraus ein Syrien 3.0 geworden. Daraus würde ebenfalls eine Flüchtlingskrise 3.0 resultieren, die den rechten Parteien wohl den „Endsieg“ bedeuten würde und damit ein modernes Europa dem Untergang geweiht wäre.

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Ereignisse 11-12. Juli

 

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Fortschritte im Industrieviertel

Weitere Fortschritte im Layramoun-Distrikt

Nach weiteren schweren Kämpfen konnten erneut Erfolge vor allem in Richtung des Layramoun-Kreisverkehres verzeichnet werden. die „4th Division“ in Unterstützung mit verschiedenen Milizen versucht wahrscheinlich vom Süden aus die Castello-Straße zu erobern und damit die Belagerung vollends abzuschließen.

 

 

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Erwähntes Dokument

 

Erste Anzeichen von Knappheiten in Ostaleppo

Nachdem die letzte große Versorgungsroute der Castello-Straße erfolgreich vor einer Woche gekappt wurde. machen sich bereits Knappheit der Nahrung und des Benzins bemerkbar. In einem Dokument drohen drei islamistische Gruppierungen den Händlern bei Wuchern die jeweilige Person zu inhaftieren, nachdem die Preise sich bereits verdoppelt haben. In Ostaleppo sollen noch zwischen 40.000 bis 400.000 Einwohner leben.

 

Waffenruhe – mal wieder – bis zum 14. Juni verlängert

Erneut wurde die Waffenruhe um weitere 72 Stunden verlängert. Weiterhin wird diese Waffenruhe fernab der Südfront in der Dara’a-Provinz von allen aktiven Fraktionen ignoriert werden.

 

Viele verschiedene, gescheiterte Offensiven in Ostaleppo

Die beiden großen Oppositionsbündnisse in Aleppo Jaysh al-Fatah und Fatah Halab starteten gemeinsam und separat auf verschiedenen Positionen in Aleppo Offensiven. Dabei griffen sie z.B. das stark befestigte Zentralaleppo, oder die Mallah-Farmen an. Alle Angriffe wurden erfolgreich zurückgeschlagen, wobei die jeweiligen Opferzahlen unbekannt sind. Der strategische Zweck der Offensiven lässt sich nicht erkennen, da sie gerade die am schwersten befestigten Gebiete in Aleppo angegriffen haben.

 

 

Enorme Erfolge in Darayya für die SAA

Nach vergangen Bemühungen die südlichen Farmen und den Südosten der Enklave  nahe Damaskus anzugreifen meldet die dortige Opposition, dass die Situation „sehr schwer ist und wir nur noch die Hälfte der Stadt halten.“ Es sollen sich insgesamt noch etwa 1.000 Kämpfer dort befinden.

 

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Aktivisten fordern zur Wiederaufnahme des Kampfes im Süden auf

Über 225 sogenannte Aktivisten und offizielle Pressemitteilungen von Gruppen wie Ahrar al-Sham fordern die Südfront dazu auf, die existente Waffenruhe seit dem 27. Februar zu beenden und damit weitere Kriegshandlungen gegen die Regierung aufzunehmen. Diese Reaktion hat das Ziel, die anderen Fronten wie im nahen Darayya, oder Aleppo zu entlasten.

 

 

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Situation Manbij

Aktive Oppositionsgruppen in Aleppo

Da scheinbar eine große Unklarheit von den involvierten Parteien in den Kämpfen um und in Aleppo herrscht und diese von ungenauen Aussagen wie „moderaten Rebellen“ bis hin zu äußerst fragwürdigen Aussagen wie Daesh reicht, versuche ich eine gewisse Klarheit in die Situation zu bringen. Vollständigkeit ist nicht garantiert.

 

 

Weitere Gruppierungen die höchst wahrscheinlich vertreten sind:

  • Haqq Brigade
  • Ansar al-Khilafah
  • Fajr al-Khilafah
  • Furqan Brigade
  • Authenticity & Development Front
  • Bayariq al-Islam
  • al-Hurriyah
  • al-Izzah
  • Fastaqm Kamar Umit

 

Zuletzt sind nochmal die zwei relevantesten Oppositionsbündnisse bzw. deren Mitglieder erwähnt, da deren Namen primär medial gefallen sind und nicht die der jeweiligen „Untergruppen„. Dementsprechend fallen auch Namen, die nicht in Aleppo aktiv sind, aber aufgrund der medialen Berichterstattung es durchaus sein könnten.

Das grundsätzliche Wissen sollte aus den zwei großen Bündnis bestehen; die salafistische Jaysh al-Fateh und der Fatah Halab, ein bunter Mix aus allen möglichen Positionen ist dort vertreten.

Ereignisse am 10. Juli

 

CnASamUXEAApiKh.jpgAssad begrüßt EU-Delegation

Eine Delegation des europäischen Parlaments unter der Führung des „stellvertretenden Vorsitzenden im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten“ Javier Couso besuchte Präsident Assad in Damaskus. Dabei drückte er die Priorität Syriens bei der Bekämpfung des Terrorismus aus und beschuldigte zugleich den Westen, dass sie für die Terroranschläge im Westen verantwortlich sind.

 

Mehrere Offensiven der Opposition bei Aleppo fehlgeschlagen

Nachdem die gestrige Offensive bei der Castello-Straße und den Mallah-Farmen mit 2 VBIEDs begonnen hat, wurde diese Offensive der Jaysh al-Fateh und Fatah Halab über den Tag erfolgreich abgewehrt. Die Verluste für die Oppositionen schwanken zwischen 40 und 100 Toten dabei. Ebenfalls gab es Angriffe bei der Zitadelle (Zentrum Aleppos), die alleine aufgrund der natürlichen Befestigungen abgewehrt wurde.

Währenddessen konnte die SAA im Bani Zeid & Al-Layramoun-Industrieviertel erneut leichte Fortschritte erzielen.

 

Vage Berichte über Kämpfe innerhalb Kinsabba

Laut dem offiziellen Account der NDF (National Defence Forces, eine Miliz) gibt es Berichte von Kämpfen innerhalb der strategischen wichtigen Stadt Kinsabba im Norden Latakias. Da diese Nachricht aber bereits mehrere Stunden alt ist und es ansonsten keinerlei Informationen darüber gibt kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass es nicht stimmt. Auch gibt es unbestätigte Berichte über die Einnahme der Burg bei Shilif südöstlich Kinsabbas.

 

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SAA erobert Gebäude in Daraya

Die seit mehreren Jahren belagerte Ortschaft in West-Ghouta (bei Damaskus) musste erneut Rückschläge erleiden, nachdem mehrere Gebäude bei der Nour al-Deen Moschee erobert wurden.

 

 

Ereignisse am 9. Juli

Verlängerung der Waffenruhe um weitere 72 Stunden

Die syrische Nachrichtenagentur SANA verkündete eine Verlängerung der „Waffenruhe“ um 3 Tage und zitiert dabei Quellen aus dem syrischen Militär. Unabhängig davon hatte die Waffenruhe bis dato keinerlei Zweck erfüllt und es wird weiterhin regulär gekämpft werden.

 

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Syrische Armee erzielt leichte Fortschritte im Industrieviertel Aleppos

Die SAA kann leichte Erfolge im Layramoun-Industrieviertel im Norden Aleppos zwischen den Kreisverkehren von Bileramoun und Shihan verzeichnen. So wurden einige Gebäude und Straßenzüge erfolgreich erobert, was für den urbanen Kampf eine durchaus beachtliche Leistung ist. Das primäre Ziel wird es wahrscheinlich sein, die Castello-Straße ebenfalls vom Süden aus zu kappen.

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Benutzte Raketen der Opposition

44 Tote durch Artillerieangriffe der Opposition auf Aleppo

Die Opposition begann gestern Nacht mithilfe von „Hell Cannons“ und Elephant rockets„zivile Gebäude im Westteil der Stadt zu attackieren, wobei 44 Zivilisten gestorben und über 200 verletzt wurden. Eine Strategie lässt sich dahinter nicht erkennen, womöglich eine Art „Racheakt“ für die nun faktische Belagerung Aleppos.

 

Russischer Verteidigungsminister gesteht Abschuss eines Helikopters

Nachdem gestern die Nachrichtenagentur AMAQ von Daesh behauptete einen russischen Helikopter im Osten Palmyras/Tadmurs abgeschossen zu haben bestätigte der russische Verteidigungsminister diese Behauptung heute, nachdem Diese anfangs verneint wurde. Bei dem Mi-25-Helikopter wurden die zwei russischen Piloten Ryafagat Khabibulin und Yevgeny Dolgin getötet. Die Leichen wurden durch einen zweiten Helikopter „gerettet“.

 

 

Intensivierte Angriffe durch al-Nusra auf die Castello-Straße

Nachdem die Straße weiterhin gekappt ist fährt wortwörtlich Jabhat al-Nusra schwere Geschütze aus und nutzte aus eigener Behauptung 2 SVBIED’s (Fahrzeuggestützer Sprengstoffanschlag durch einen Selbstmordattentäter) gegen die Stellungen der SAA nördlich der Castello-Straße vor wenigen Minuten. Der Erfolg ist unbekannt, grundsätzlich sind SVBIEDs aber eine sehr wirksame und gefährliche Waffe.

 

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Links: Neues Wappen

Jabhat al-Akrad hat ein neues, kurdisches Wappen

Die ehemalige FSA-Gruppierung Jabhat al-Akrad hatte die Flagge der FSA in ihrem Wappen abgelegt und ein neues, sehr der YPG, YPJ etc. ähnliches Wappen kreiert. Der Grund ist für die ohnehin schon große Anzahl von kurdischen Kämpfern die intensivierten Beziehungen mit der YPG/SDF. Trotzdem sind sie zumindest de jure weiterhin Mitglied in Jaysh al-Thuwar, die weiterhin die FSA-Fahne benutzen.

 

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Manbij

Situation in Manbij

Nach eigenen Behauptungen der jeweiligen Fraktionen konnte die SDF und Daesh Erfolge in Manbij verzeichnen, so konnte z.B. die SDF das Asyadia- und Hazawni-Viertel südlich des Zentrums erobern. Zugleich behauptet Daesh Kämpfer der SDF/YPG nordwestlich der Stadt zu belagern, genaue Position unbekannt.

Ereignisse am 8. Juli

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Position des „Young Housing Complex“

Anhaltende Kämpfe um die Castello-Straße

Nachdem die SAA weiterhin die Feuerkontrolle über die Straße besitzt, startete die YPG vom kurdischen Viertel Sheikh Maqsoud ebenfalls eine Offensive auf den „Youth Housing Complex“ im Norden des Viertels, um die Castello-Straße ebenfalls zu trennen. Ob sie dabei erfolgreich waren ist derzeit unbekannt.

 

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14 Soldaten an der libanesischen Grenze gefangengenommen

Nach einem nächtlichen Überfall von al-Nusra am  Al Safa-Grenzposten in Norden von Damaskus konnten sie erfolgreich 13 SAA-Soldaten und ein Hisbollah-Mitglied gefangen nehmen. Die verlorenen Punkte wurden in der Zwischenzeit zurückerobert, also war es wahrscheinlich einfach ein Überfall für Waffen, Munition etc.

 

Start der SAA-Offensive „Northern Storm“ in Latakia

Nach der Offensive der Islamisten (siehe Artikel) in Latakia startete heute die SAA mit verbündeten regionalen Milizen, Marineeinheiten und den Desert Hawks eine Gegenoffensive, um Kinsinaaba zurückzuerobern. Dabei wurde bereits ein Hügel und das Dorf Shilif nahe dem wichtigen Ort zurückerobert.

 

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Ost-Ghouta

Offensive in Ost-Ghouta wird fortgeführt

Die langsame, aber konstante Eroberung der Enklave der Opposition im Osten Damaskus konnte erneut Erfolge verzeichnen. Nach tagelangen Kämpfen wurde Mayda’a im Osten der Enklave erfolgreich erobert und es gibt ebenfalls Berichte auf einen Angriff auf Mid’ani südwestlich des Ortes. Sollte sich dies bewahrheiten dann besitzt die SAA dort momentan ein gutes Momentum nach dem inneren Kämpfen der Opposition. Möglicherweise aber nahm der Kampf um Mayda’a eine ähnliche Position wie Sheikh Masheen bei Dara’a ein, wo nach deren tagelangen Kampf und Eroberung die südliche Front immens geschwächt wurde und es über keine offensiven Kapazitäten mehr verfügt(e).

Aleppo ist nun belagert!

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Stadt Aleppo & Umgebung

Kriegsentscheidende Informationen bringt eine neue Nachricht aus Aleppo hervor, dass die letzte große Versorgungsroute der Opposition zu Aleppo erfolgreich durch die Syrische Armee gekappt wurde.

Trotz gestern einseitig verkündeter Waffenruhe konnte der SAA mithilfe einiger weiterer Milizen (z.B. NDF, palästinensische Liwa al-Quds) und der Eliteeinheit der Tiger Forces der Durchbruch im Norden Aleppos gelingen und damit erfolgreich die letzte große Versorgungsroute der Opposition – die Castello-Straße – kappen. Dieser Eroberung geht eine Woche schwerer Kämpfe um die Mallah-Farmen voraus, welche auf beiden Seiten für hohe Verluste sorgte.

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Materielle Verluste der Opposition am 1-3. Juli

Die Mallah-Farmen im Norden der Stadt waren Ausgangsort für die dortige Operation und ist aufgrund eines sehr flachen und ländlichen Geländes grundsätzlich sehr schwer zu verteidigen gewesen, weswegen es oft zum Wechsel des Besitzers kam. So gibt es etwa z.B. Zahlen zu der Oppositionsgruppe „Harakat al-Zenki“, die von mehr als 300 Toten reden, Jaysh al-Tarir ~75 Tote etc.

Nachdem am 7. Juli der endgültige Durchbruch bei der Eroberung der südlichen und westlichen Mallah-Farmen um Ard al-Mallah gelungen ist, besitzt die SAA durch dortige Hügel wie Jabenja und Humrah die Feuerkontrolle über die Straße, welche etwa ~1km von den Stellungen der SAA entfernt ist.

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Gelb: Mallah-Farmen, Grün: Industrieviertel, Rot: Handarat

 

Zum gleichen Zeitpunkt um den Druck weiterhin zu erhöhen gab es Kämpfe östlich der Mallah-Farmen um den Handarat-Distrikt und nördlich der Stadt Aleppo in einem Industrieviertel, wo es schwere Kämpfe um die Shabib-Fabrik gab; Autobomben von al-Nusra und Sprengung von unterirdischen Tunneln inklusive.

Eine nicht zu vergessende Rolle spielte aber auch das von der YPG gehaltene, kurdische Viertel Sheikh Maqsoud, welches aufgrund von ständigen Aggressionen der Opposition mehrmals die Versorgungsstraße angegriffen hat.

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Der Verlauf der Versorgungsstraße

 

Auch wenn die Belagerung Aleppos momentan jederzeit durchbrochen werden kann und ebenfalls noch nicht vollständig abgeschlossen ist so ist dies ein äußerst wichtiger Sieg der Regierung für die Schlacht um Aleppo. Eine endgültige Eroberung wird sich aber dennoch Jahre hinziehen, solange kein diplomatischer Versuch wie in Homs gestartet wird. Außerdem werden wohl weiterhin Schmuggelrouten für die Versorgung innerhalb der Stadt existieren. 

 

Ereignisse am 6. Juli 2016

Disclaimer: Dieses neue „Format“ dient dem Zweck, relevantere Ereignisse am jeweiligen Tag  zusammenzufassen und kurz zu repräsentieren. Große Ereignisse (zumeist über mehrere Tage) werden weiterhin einen eigenen Artikel erhalten.

 

Besuch Assads einer Moschee

Bashar al-Assad besuchte zum Eid al-Fitr die al-Safa-Moschee in der Stadt Homs, um am gemeinsamen Gebet teilzunehmen. Ebenfalls anwesend war der Großmufti Syriens Ahmad Badr-Eddin Hassoun, Regierungsvertreter von Homs Talal al-Barazi und dem Minister des Waqf (religiöse Stiftung) Mohammad Abdul-Sattar al-Sayyed.

 

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Erklärung einer einseitigen Waffenruhe

Die Syrische Armee hat überraschend eine 72-stündige Waffenruhe erklärt, die von heute 01:00 bis 24:00 Uhr am 8. Juli Ortszeit andauern soll. Der Hintergrund für eine solche Aktion ist ein Rätsel, fernab der Sinnlosigkeit von diplomatischen Verhandlungen mit der Opposition finden gerade Offensiven und Gegenoffensiven in Aleppo, Ost-Ghouta und Latakia statt. Berichte über Brüche bei Maydaa in Ost-Ghouta gibt es bereits.

 

 

 

Anhaltende Kämpfe um Manbij

Nach der wochenlangen Belagerung der SDF um Manbij konnte Daesh eine Gegenoffensive einleiten und Fortschritte im Südosten und Norden des Belagerungsrings machen um die Belagerung aufzuheben. So wurden einige Hügel und Dörfer wie Manboukh eingenommen, dafür aber innerhalb des Ortes die Zementfabrik aufgegeben werden.

 

 

Islamistische Latakia-Offensive

In der syrischen Küstenprovinz Latakia konnte ein Bündnis zwischen Islamisten und FSA große Erfolge im gebirgigen Norden erringen und damit die strategisch wichtige, christliche Stadt Kinnsiba erobern. Der Eroberung gehen 4 Tage von vorherigen Verlusten voraus. 

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Die gesamten Verluste gegenüber der Nacht

 

Über die Nacht vom 31. Juni zum 1. Juli konnte das salafistische Bündnis angeführt von al-Nusra/al-Qaida (darunter auch die Islamische Turkestan-Partei) mithilfe von verschiedenen FSA-Divisionen Teile von Jabal al-Akrad erobern. Nach monatelangen Rückschritten und den verlustreichen Niederlagen der letzten Tage konnte ihnen der Durchbruch gegenüber der Nacht geschehen, nähere Informationen sind dabei unbekannt. Dabei wurden verschiedene Ortschaften wie al-Hamrat, Shulayf, Ain al-Qantara, oder Kinnsiba bzw. deren wesentlich relevanteren Hügel/Berge erobert. Die SAA und weitere regionale Milizen (z.B. „Syrian Resistance“) haben sich angeblich durch die unerwarteten und ungewöhnlichen Nachtangriffe strategisch zurückgezogen, auch lässt das erbeutete Material und wenigen Toten größtenteils darauf schließen.

Das gegnerische Bündnis bestand einerseits mit seiner Hauptlast von ~80% aus der salafistisch-islamistischen „Jaysh al-Fateh“ (prominente Mitglieder sind al-Nusra, TIP, Ahrar al-Sham) und weiteren FSA-Gruppen die vor allem Unterstützung mit ihren Panzerabwehrwaffen, der TOW, geleistet haben. Beispiele hierfür sind z.B. die 1st und 2nd Coastal Division. Ebenfalls beachtenswert ist bei den Videos, dass ein großer Teil der Mitglieder von Jaysh al-Fateh aus verschiedenen Ländern sind, vor allem wird das durch die usbekischen und uigurischen Mitglieder der Islamischen Turkestan-Partei zum Ausdruck gebracht.

Laut Ahrar al-Sham konnte man 4 T-55, 1 BMP, 1 Raketenwerfer und 1 Gefangenen bei der Schlacht um Kinnsiba vernehmen, nähere Informationen sind unbekannt. Laut einigen Reportern ist bereits eine Gegenoffensive der SAA geplant, eventuell könnte man die Unterstützung der russischen Luftwaffe ebenfalls erwarten, da sie nicht involviert war bzw. bei den Mallah-Farmen im Norden Aleppos derzeit besonders aktiv sind.

Jaysh al-Fateh (al-Nusra?) in Kinnsiba

1st Coastal Division in Kinnsiba

Propagandavideo von Jaysh al-Fateh zur Offensive

 

 

 

Nein, die USA hat NICHT den IS-Konvoi angegriffen

In den Medien geht zurzeit scheinbar das Gerücht umher, dass der Daesh-Konvoi  nahe Fallujah von über 100 Fahrzeugen von (oder mithilfe) der amerikanischen Luftwaffe vernichtet wurde. Der Ursprung für diese Information scheint unbekannt, einige Medien sprechen von Fox News als ihre Quelle und Reuters beruft sich wiederum auf „Regierungskreise“.

Im Gegensatz dazu gibt es wiederum widersprüchliche Berichte die sogar behaupten, dass die USA einen solchen Einsatz auf die Anfrage des irakischen Verteidigungsministeriums abgelehnt haben, die Gründe sind unbekannt. Dementsprechend musste die irakische Armee verbündet mit den irakischen Milizen der PMU unabhängig und schnell agieren.

Der Konvoi der sich laut der PMU in Richtung Syrien begab wurde letztendlich vollends von der irakischen Luftwaffe vor allem mithilfe von Helikoptern (z.B. Mi-35M, Mi-28NE, EC635) vernichtet werden, wobei die Verluste zwischen 40 und 170 „Transportern“ und ~250 und 750 toten Kämpfern des Daesh schwanken. Beachtenswert ist im Video auch der Einsatz von Raketen, welches bei der amerikanischen Luftwaffe bei derartigen Einsätzen nie vorkommt.

In Kurzfassung: Fernab des Statements der USA bzw. der „Regierungskreise“ gibt es keinerlei Beweise für eine amerikanische Involvierung in dem Einsatz, die wirklichen aktiven Fraktionen (z.B. irakische MoD, PMU) verneinen den Einsatz der amerikanischen Luftwaffe und ebenfalls von dem Videomaterial gibt es keinerlei Beweise her. Es ist natürlich korrekt dass die USA die irakischen Soldaten/Piloten ausbildet und in einem begrenzten Sinne Logistik und Material bereitstellt, aber das entspricht in keinster Weise der Behauptung der Medien.

Die Abu Kamal-Offensive der FSA

Oppositionelle Fallschirmjäger, amerikanische Helikopter, irakische Milizen, jordanische, amerikanische und britische Eliteeinheiten – mit diesen wenigen Worten lässt sich diese Offensive und zugleich ihren Irrsinn zusammenfassen. Von einer einmaligen und unerwarteten Offensive.

Am Dienstag dem 28. Juni starteten verschiedene Bündnisse der FSA simultan an der irakischen Grenze einen Angriff auf die 60.000 Einwohner große Stadt Abu Kamal am Euphrat. Ausgehend von dem Al-Tanaf-Grenzposten im Südosten der syrischen Grenze zum Irak musste man sich durch ~250km der Syrischen Wüste kämpfen, um die Grenzstadt am Euphrat zu erreichen.

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Ausgangssituation zu Beginn der Offensive

An dieser Operation haben die folgenden Fraktionen teilgenommen: Neue Syrische Armee (NSyA), Ahmed Abdo Force, Easter Lions Army, Hawks Islam Battalion, 2nd Shaitat Regiment und die „First Company“. Ebenfalls waren auf der Seite der irakischen Grenze verschiedene sunnitische Al-Anbar-Stämme, die „Ghosts of the Deserts“ als irakische Miliz aus al-Qaim und sunnitische Einheiten der  Popular Mobilization Forces (PMU) südlich von al-Qaim aktiv, um den Vorstoß zu unterstützen und Aufklärung für amerikanische Luftschläge zu bieten. Die Luftschläge der „Anti-IS-Koalition“ begannen bereits Tage davor, so wurde z.B. das Aisha-Krankenhaus in Abu Kamal angegriffen und zerstört, da es sich angeblich um das dortige Hauptquartier vom IS gehandelt haben sollte. Unabhängig davon gab es ebenfalls Berichte der eigenen Soldaten von der Teilnahme amerikanischer SOF und jordanischen Eliteeinheiten. Zumindest lässt die geringe Mannstärke darauf schließen, dass ohne fremde Unterstützung eine solche Offensive nicht mal gestartet worden wäre und vom Pentagon bei ähnlichen Einsatz eine Involvierung bestätigt wurde. Auch gibt es Aussagen aufgrund der Erfahrung vom Einsatz der britischen SAS, die aber in keinster Weise bewiesen sind und ich persönlich als unwahrscheinlich bezeichnen würde.

 

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NSyA beim Fallschirmtraining

Das Einzigartige an der Operation war der Umstand, dass mithilfe von (wahrscheinlich drei amerikanischen o. jordanischen) Helikoptern einige Soldaten der Neuen Syrischen Armee etwa 4km westlich des Ortes abgeworfen wurden, um hinter den Reihen des Feindes zu agieren. Die jeweiligen Soldaten wurden von Jordanien & der USA Wochen davor für einen derartigen Einsatz ausgebildet und konnten bereits Erfahrung bei einem Angriff auf das dortige Ölfeld sammeln, wurden aber recht schnell wieder zurückgeschlagen. Im gleichen Zeitpunkt zur Landung wurden auch Schläferzellen innerhalb des Ortes aktiviert, die z.B. erfolgreich Jamal Turki Issawi (Abu Abd al-Azziz) mit einer Autobombe umbringen konnten, dem „Vertreter des Euphrates“ bei Daesh. Als Gegenreaktion köpfte Daesh 5 vermeintliche Spione der NSyA in Abu Kamal.

Im gemeinsamen Vorstoß  der primären Einheiten konnten sie weite Teile des Umlandes der Stadt erobern, z.B. mithilfe der Fallschirmjäger den Al-Hamdan-Flughafen und das Dorf al-Sukariyah. Ebenfalls konnten angeblich diverse Viertel der Stadt selber erobert werden, so wurde das Industrieviertel von Ahmed Abdo erobert, das Krankenhaus und den Grenzposten zum Irak zwischen al-Qaim und Husabayah.

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AMAQ zu den Verlusten

Trotz der Erfolge die sich zu Beginn abzeichneten konnte Daesh sein „Kernland“ erfolgreich verteidigen und den Gegner zurückwerfen. Laut Angaben der IS-Nachrichtenagentur AMAQ kam es  zu 15 Gefangenen, ~40 Toten und sehr viel sichergestellter Ausrüstung. Ebenfalls kam es innerhalb des Ortes zu „Razzien“ die jeden vermutlichen Sympathisanten für die FSA festnahm und entführte. Zur Schadensbegrenzung reichte man die Pressemitteilung ein, dass es sich insgesamt lediglich um einen „Überfall“ gehandelt habe, um Daesh möglichst unter Druck zu setzen.

 

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Beispiel für erbeutetes Gerät

Fernab einer solchen Aussage die dem gesamten Aufbau, der Zielsetzung und den Verlusten zuwider war kann man diese Offensive als in jeglicher Hinsicht als gescheitert betrachten, es konnten keine Eroberungen erzielt werden und durch die personellen und materiellen Verluste konnte man Daesh sogar unterstützen. Die Frage von dem Sinn einer solchen Operation stand aber bereits vor Beginn in Frage, mit einer mäßig erfahrenen und kleinen Truppe in das Kernland Daeshs einzurücken war ein reines Suizidkommando. Im Zusammenhang mit der vollkommen gescheiterten Taqba-Offensive der SAA unterschätzt man wohl weiterhin vorhandenen Fähigkeiten Daeshs? Sie ist so schnell gescheitert wie sie begonnen hat.

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Pressemitteilung der NSyA zur gesamten Operation

Besuch Assads an der Ost-Ghouta-Front

Am 26. Juli besuchte der syrische Präsident Baschar al-Assad den Luftstützpunkt Marj al-Sultan östlich von Damaskus nahe der von der Opposition gehaltenen Exklave in Ost-Ghouta. Bei derartigen. alljährlichen Überraschungsbesuchen von Assad ging es diesmal um das gemeinsame „Iftar“ mit den Soldaten an der Front,  einem Abendmahl nach dem Fastenbrechen. Der Stützpunkt der vor allem primär für Helikopter benutzt wird ist nur wenige Meter von der Front entfernt.

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Entfernung zur Front
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Geolocating auf der Luftbasis
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Gemeinsames Iftar

Jund al-Aqsa, IS-Verbündeter unter den Rebellen

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Zerstörung eines schiitischen Schreines nahe Hama

Jund al-Aqsa ist wohl das letzte Überbleibsel der Zusammenarbeit zwischen IS (damals ISIL) und der restlichen Opposition in ihrer Gesamtheit nach 2013, die sich zwischen den machtpolitischen Positionen von ISIL und al-Nusra oft trennt.  Was kann man zu dieser kleinen, aber dennoch einzigartigen Gruppierung erzählen?

Bekannt wurde sie erstmals bei der Unterstützung der Niederschlagung der Syrian Revolutionary Front (SRF) in der Provinz Idlib durch al-Nusra 2014, einem ehemaligen Bündnis verschiedener Gruppierungen. Jund al-Aqsa ( übersetzt Soldaten von al-Aqsa, der drittheiligsten Moschee in Jerusalem) stellte seinerzeit eine kleine Gruppierung dar, die aus ausländischen und syrischen Kämpfern bestand und seit dem Konflikt als kleines Battalion zwischen al-Nusra und ISIL entstand im frühen Januar 2014. Zu dem Zeitpunkt zeigten sie ebenfalls keinerlei Interesse an den inneren Kämpfen der Opposition, zwischen Islamisten und säkularen Kämpfern der FSA und konzentrierten sich auf die Regierung. Bis sie den unerwarteten Schritt in der Unterstützung der al-Nusra’s gegen die SRF unternahm und seitdem deutliche Tendenzen zu al-Nusra zeigt.

Ehemals bekannt als Sarayat a-Quds wurde sie vom syrischen Abu Abdul ‚Aziz al-Qatari gegründet, einem engen Freund von Sheikh Abdul ‚Azzam, der wiederum ein enger Verbündeter von Osama bin Laden und Ayman al Zawahiri (Gründer von al-Qaida) war und für seine Karriere im afghanischen Jihad der 80er bekannt wurde. Ideologisch stützt er sich auf Personen wie Hamid bin Hammad al-‘Ali al-Kuwaiti, Sheikh Maqdisi und Sheikh Suleiman Ulwan.

Sie startete als kleines Battalion innerhalb der Nusra-Front, doch trennte man sich ebenfalls recht schnell wieder aufgrund von Finanzproblemen und Überdehnung. Außerdem unterstützte sie nicht den Kampf gegen andere Oppositionsparteien und sah dies als „schweren Fehler“ an.

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Öffentliches Bekenntnis zum Tode von al-Qatari

Die Zeit als unabhängige Partei war äußerst erträglich, man erhielt viele Geldgeber von der arabischen Halbinsel die vor allem an Gruppen interessiert waren, die sich nicht innerhalb der Opposition bekämpften. Sie konnte sogar zwischen den verschiedenen Oppositionsparteien verhandeln, z.B. ist dies zwischen al-Nusra und ISIS geschehen. Wahrscheinlich wären derartige Schritte auch erfolgreich gewesen, wäre al-Qatari nicht von der Syrian Martyr Brigade umgebracht worden.

Über den Zeitraum danach ist recht wenig bekannt, durch Desertationen von anderen Gruppen über die gesamte ideologische Bandbreite (von FSA, zu Ahrar al-Sham bis ISIS) konnte sie sich zu einer der bedeutendsten, dschihadistischen Fraktionen im Norden Syriens aufbauen. Dabei wuchs ihr Anteil von syrischen Mitgliedern stetig und der von ausländischen Kämpfern  (z.B. Indien, Belgier, Niederländer, Australien usw.) sank. Sie waren in den Offensiven um Idlib und Hama aktiv, Jisr al-Shughour war eine bedeutende Eroberung Jund al-Aqsas.

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Symbol von Jaysh al-Fateh (Armee der Eroberung)

Anfang März 2015 traten sie als Gründungsmitglied in die islamistische Koalition „Jaysh al Fateh“ ein, einem Bündnis mit Sitz in der Stadt Idlib, primär bestehend aus Verbündeten von al-Nusra ( genauer al-Nusra, iwa al Haqq, Jaysh al Sunna, Ajnad al Sham, and Faylaq al Sham und Ahrar al-Sham). Dieses Bündnis ist auch heute noch eines der Stärksten und Wichtigsten im Konflikt, vor allem für den Norden Syriens.

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Öffentliche Verkündigung vom Tode al-Harbi

Am 26. April 2015 bekannte sich Jund al-Aqsa zum Tode ihres neuen Anführers, Adel Radi Saker al Wahabi al Harbi. Al-Harbi war ein gesuchtes al-Qaida-Mitglied und ehemalig ein hohes Mitglied im Al-Qaida-Netzwerk des Irans. Zur gleichen Zeit veröffentlichten sie eine Lobrede auf Ibrahim Rubaish, Nasir al Wuhayshi und Ayman al Zawahiri, alles Anführer der „al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP)“. Dies und die Verbindung lässt also enge Beziehungen zu al-Qaida/al-Nusra herstellen, zumindest auf Führungsebene.

Direkt einen Monat später starb ihr nächster militärischer Anführer, Said Arif. Er ist ebenfalls gesuchtes Mitglied von al-Qaida und Teil der „Khorasan-Gruppe“, Veteranen innerhalb von al-Qaida. Danach ist die Führerschaft bis heute unbekannt, es wird sich wahrscheinlich um ein weiteres Mitglied von al-Qaida handeln, währenddessen auf unteren Ebenen eine gewisse Sympathie für IS gehegt wird.

Im späten 2015, etwa im September/Oktober kam es jedoch zum Bruch zwischen Jund al-Aqsa und vor allem Ahrar al-Sham, da sie die beiden Gruppen nicht um einen gemeinsamen Umgang mit IS einigen konnten. Während Ahrar al-Sham zu einem Kampf gegen IS aufruf, weigerte sich Jund al-Aqsa gegen einen derartigen Einsatz. Dieser Konflikt endete im offenen Kampf zwischen Jund al-Aqsa und Ahrar al-Sham, die Stadt al-Tamanah war ein Austragungsort und parallel  wurde durch eine Autobombe im Januar 2016 der damalige Anführer (Name unbekannt) von Jund al-Aqsa in seinem Haus bei Idlib ermordet, der Täter war vermutlich Ahrar al-Sham. Ebenfalls kam es (wieder) zum Konflikt im März 2016, nachdem Jund al-Aqsa den IS-Kommandaten Hassan Abboud in seinem Heimatort beerdigen wollte, Sarmin nahe Idlib.

Als Reaktion trat Jund al-Aqsa  am 23. Oktober aus Jaysh al-Fateh aus, ihre fehlende Unterstützung für einen Kampf gegen IS unterstützen sie mit der Begründung, dass sie sie nicht als „Khawaarij“ ansehen und damit auch keinen Grund sehen, mit ihnen zu kämpfen. Ihre Schlussfolgerung daraus waren die zwei Aspekte:

  1. „Du besitzt keine Ahnung von der islamischen Theologie und/oder fehlendes Wissen über die Positionen von IS/ASAQ.“
  2. „Du bist selber von den „Khawaarij“

Weitere Gründe für den Austritt waren neben dem Kampf um die Haltung zu IS die Zusammenarbeit mit De Mistura und die Errichtung, fehlende „Kriegserklärung“ an die USA und Zusammenarbeit mit „demokratischen Parteien“.

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Statement zum Austritt von al-Qaida-Mitgliedern

Als Reaktion darauf wiederum traten viele hohe Mitglieder (al-Qaida) der Gruppe aus, um sich al-Nusra anzuschließen. Dies konnte den „Bodensatz der Gruppe“ fördern, welcher schon immer Sympathien für IS hegte.

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Gemeinsame Offensive im Süden Aleppos

Diese Sympathien nahmen in einer gemeinsamen Offensive gegen die Versorgungsstraße von Itriyah nach Aleppo ihren höchsten Ausdruck im März 2016. die dennoch von keinem langen Sieg gekrönt waren.

Danach wurde es wieder recht ruhig um die Gruppe.

Islamische Turkestan-Partei – Kindersoldaten und Uiguren

Die Islamische Turkestan-Partei (englisch Turkestan Islamic Party, TIP) ist eine islamistische, der al-Qaida zugehörige Gruppierung, deren Ursprung sich in China (Xianjiang) befindet und inzwischen in Syrien operiert. Nur: Was genau betreibt die TIP in Syrien?

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erste Aufnahmen der TIP in Syrien (2014)

Derartige Tätigkeiten der TIP sind keine neue Geschichte, bereits in ihren ursprünglichen Basen z.B. in den Regionen der Waziristan-Provinz (Pakistan) oder der Nangarhar-Provinz in Afghanistan waren sie neben Selbstmordanschlägen z.B. im Oktober 2013 dafür bekannt, Kindersoldaten auszubilden. Dementsprechend wurden sie auch auf die UN-Liste für terroristische Organisationen gesetzt und international bekämpft, unter anderem auch die USA mithilfe von Luftschlägen und Drohneneinsätzen.

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In Syrien ist sie bzw. ihr syrischer Ableger Katibat Turkistani seit etwa 2014 aktiv, die genaue Anzahl an Soldaten schien zu dem Zeitpunkt unscheinbar genauso wie die Führungsriege, Abu Rida al Turkestani wurde zumindest bis zu einem bestimmten Punkt als der Anführer bezeichnet. Ebenfalls erwähnenswert ist in dem Kontext, dass sie dem Taliban-Anführer Mullah Muhammad Omar die Treue schworen und damit die zweite Gruppierung in Syrien sind, neben der Uzbek Imam Bukhari Jamaat.  Da sie ein Verbündeter von Al-Qaida ist, war und ist sie logischerweise ein Verbündeter des syrischen Al-Qaida-Ablegers al-Nusra & deren Freunde.

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Explosion einer VBIED

Die Aktionen in Syrien beschränken sich auf die Region in und um Jisr al-Shoughur, einer großen Stadt nahe der türkischen Grenze innerhalb der Idlib-Provinz und Latakia. Dort konnte sie sich mithilfe von al-Nusra in einer Offensive der Opposition im Frühling und Sommer 2015 etablieren. Inwiefern die TIP in Dieser aktiv war ist nicht bekannt, dennoch wurden 2 VBIEDs („bemannte Autobomben“) bei der Offensive von Seiten der TIP benutzt, um Stellung der Regierung anzugreifen. Ein Angreifer soll Abu Hurayra al Amriiki gewesen sein, welches übersetzt „der Amerikaner“ heißt und ebenfalls amerikanischer Staatsbürger gewesen sein soll.  Über den zweiten Attentäter ist hingegen wenig bekannt, sein Name war Dadullah und er war uigurischer Abstammung.

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Die TIP ist dafür bekannt, mehrere Trainingslager in Syrien zu betreiben, zumindest Eines für Kinder. Dieses Trainingslager soll sich nahe Al-Haqbah bei Jisr al-Shughour befinden und vor allem Kinder uigurischer Abstammung „ausbilden“ bzw. ideologisch indoktrinieren. In welchem Umfang das auch mit syrischen Kindern geschieht, ist unbekannt. Dabei lernen sie neben den Umgang mit einfachen Handfeuerwaffen bis hin zu AK-47 ebenfalls die Lehre des Korans bzw. die Scharia.

Ebenfalls ungewöhnlich ist es, dass nach der Massenflucht zur Türkei einige Jahre zuvor die TIP den Großteil der restlichen Bewohner von Jisr al-Shughour in andere Gebiete „deportiert“ hat, um den eigenen Kämpfern (und weiteren ausländischen Gruppierungen, z.B. Usbeken und Tescheschenen) eine Behausung zu bieten, den Zuzug von ihren Familien inklusive. Selbst oppositionelle Quellen  bestätigen diese Berichte.

Kurzum ist die Islamische Turkestan-Partei der Prototyp und zugleich das Extrem der oppositionellen Gruppierungen in Syrien, die Abhängigkeit von ausländischen Material und Personal wird einerseits durch den ethnischen Ursprung des Konfliktes erzählt und andererseits ist die Nutzung von Kindern ebenfalls Ausdruck einer Erschöpfung der Parteien. Ideologisch hingegen unterscheidet sie sich kaum von den Anderen, der Umgang mit ehemaligen christlichen Bewohnern in Jisr ist eher Normalität als Seltenheit, aber ein gleicher derartiger Umgang mit den sunnitischen Einwohnern ist äußerst ungewöhnlich. 

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