
Neueste überraschende Entwicklungen kommen aus dem Bürgerkriegsland Jemen, in dem es in den letzten Monaten relativ ruhig war: Der Präsident der jemenitischen Exilregierung mit gegenwärtigen Sitz in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, Mansour Hadi, erklärte die Übergabe seiner Kompetenzen und denjenigen des inzwischen zurückgetretenen Vizepräsidenten an einen Präsidialrat, welcher selber bereits seit Jahren existierte. Dieser Schritt wird als letzter Versuch darin gesehen, die verhärteten Rivalitäten innerhalb der jemenitischen Regierung zu beenden und damit wieder als Einheitsfront gegen die schiitisch-zaidischen Houthi-Rebellen agieren zu können, welche derzeit einen großen Teil des Landes kontrollieren und trotz internationaler Militärintervention vor sieben Jahren als Sieger angesehen werden. Letzten Endes wird diese von Saudi-Arabien orchestrierte Entwicklung nur zu weiteren Zerwürfnissen führen.
Der Präsidialrat besteht insgesamt aus acht Mitgliedern verschiedenster Couleur. Der Vorsitzende ist Rashad al-Alimi, ein altes Mitglied der jemenitischen Führungsriege und ehemaliger Verbündeter des inzwischen getöteten Ex-Presidenten Saleh, welcher sich aber 2011 auf Seiten der Houthis gegen die Regierung stellte. Mit Sultan al-Iradah und Abdullah al-Alimi ist die Islah-Partei ebenfalls im Rat vertreten, welche den jemenitischen Vertreter der Muslimbruderschaft vertreten und von Regierungsanhängen immer wieder unterstellt bekommen, dass sie in Wirklichkeit Verbündete der Houthis seien und die Regierung von innen sabotieren, wofür es aber keinerlei Beweise gibt.
Eine Besonderheit ist die Mitgliedschaft von Aydarus al-Zubaydi, dem Vorsitzenden des südjemenitischen Übergangsrates, einer südjemenitischen Separatistenbewegung welche bevorzugt von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Südjemenitische Separatisten sind eine mächtige Kraft innerhalb der Regierungskoalition, bereits mehrmals konnten sie die provisorische Hauptstadt Aden erobern und sich militärisch gegen den Rest der Regierung durchsetzen. Mit weiteren Vertretern wie Faraj al-Bahsani und Abd al-Rahman Abu Zara’a sind allgemein Stellvertreter der VAE äußerst prominent vertreten, insgesamt die Hälfte des Rates machen sie aus.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass zwischen der Exilregierung und seinen internationalen Unterstützern, allen voran Saudi-Arabien aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate, eine absolute Abhängigkeit vorherrscht, seit dem Verlust der Hauptstadt Sanaa und der damit verbundenen Flucht nach Saudi-Arabien handelt es sich bei der Exilregierung um eine Stellvertretergruppe fremder Interessen, die aber entsprechende internationale Legitimation genießen, obwohl sie faktisch auf dem Boden nur wenig Macht besitzen. Direkt nach der Ankündigung stellte Saudi-Arabien etwa drei Millionen US-Dollar an Entwicklungsgeldern für den Jemen bereit. Seit 2011 forderten die Golfstaaten die Errichtung eines solchen Rates.
Mit diesem Schritt wird zwar ein Problem behoben, nämlich dass die jemenitische Regierung kaum bis keinerlei Macht im Land selber besitzt und damit auf Drittstaaten abhängig ist. Die neuen Mitglieder sind fast allesamt in bestehenden Institutionen und Strukturen verwurzelt, von militärischen Organisationen bis zu Gouverneuren ist vieles vertreten. Jedoch ist es selten ein Erfolgskonzept, sich gegenseitig und untereinander bekämpfende Gruppierungen innerhalb einer politischen Institution gleichzustellen, vor allem wenn man ansonsten keine diplomatischen Anstrengungen unternimmt. Die Houthi-Rebellen konnten zuletzt von mehreren Himmelsrichtungen an die Stadttore des ölreichen Maribs vorstoßen, die letzte Regierungshochburg im Norden des Landes und zudem Hauptquartier der bereits erwähnten Islah-Partei. Diesen militärischen Erfolgen zum Trotz kommt es immer wieder zu interfraktionellen Kämpfen, zuletzt z.B. zwischen südjemenitischen Separatisten und Islah-Anhängern im Zentrum des Jemens. Ein Ausweg aus dieser Situation scheint mit dem Präsidialrat eher unwahrscheinlich.