
Anschuldigungen und Gerüchte zwischen der Ukraine und Russland unterbreiten den Verdacht, dass der jeweilige Gegner angeworbene Söldner aus Syrien für seinen Kampf nutzen würde. Bisher mangelt es Beweisen für diese Unterstellungen, jedoch ist der zukünftige Einsatz syrischer Kämpfer durchaus vorstellbar: Bereits die letzten Konflikte wie im Kaukasus oder Libyen belegen den exzessiven Einsatz von syrischen Kämpfern als Stellvertretergruppe, Russland bildet seit Jahren bewaffnete Gruppen in Syrien aus, ebenso tut es der ukrainische Verbündete der Türkei. Aus dem russischen Verteidigungsministerium ertönt es nun sogar schon, dass bis zu 16.000 Freiwillige aus dem Nahen Osten für den Konflikt in Osteuropa mobilisiert werden könnten. Die Konsequenzen von solch einem Schritt wären immens, die Globalisierung des Ukrainekrieges, welche mit der Zeit nur zunehmen wird.
Westliche Medien und Regierungen behaupten seit über einer Woche, dass Russland gezielt Syrer für ihren Krieg in der Ukraine anwerben möchte. Dafür berufen sie sich auf die bereits aufgebaute und existierende Rekrutierungsstrukturen in Syrien, die von der syrischen Regierung entsprechend genutzt werden. Auf der anderen Seite schallt es hingegen, dass die Türkei seit Anbeginn des Konfliktes ihre islamistischen Stellvertreter und Verbündeten von Istanbul in die Westukraine fliegen würden, wo sie dann die ukrainischen Streitkräfte unterstützen. Für beide Anschuldigungen existieren keine nennenswerte Beweise, vor allem da der bisherige Einsatz von syrischen Söldnern in internationalen Konflikte sehr schnell sehr öffentlich wurde, weil die involvierten Kämpfer ein gewisses Faible für die Präsenz auf Social Media besaßen.
Zukünftige Aktivitäten von Syrern in der Ukraine sind aber nicht nur vorstellbar, sondern auch sehr wahrscheinlich. Nicht nur handelt es sich bei ihnen um „billige“ Kampfkraft die zumindest teilweise internationale Erfahrung besitzen, sondern Russland hat vor wenigen Stunden eine indirekte Bestätigung veröffentlicht. In einem Treffen des russischen Sicherheitsrates mit Präsident Putin und Verteidigungsministerium Schoigu wurde das grüne Licht für die Rekrutierung von „bis zu 16.000 Freiwilligen aus dem Nahen Osten“ gegeben, die angeblich bereits bereitstehen würden für einen Einsatz in der Ukraine. Im Staatsfernsehen liefen bereits die ersten Beweise dafür. Damit wird auch eine Parallele zu den vor kurzem von der Ukraine ausgerufenen und aufgestellten „Internationalen Bataillone“ aufgestellt, da auch dort 16.000 Soldaten aus der ganzen Welt ihre Mitgliedschaft erklärt haben. Damit wird der Konflikt zunehmend globaler, nicht nur materiell, sondern auch personell.
Der internationale Einsatz syrischer Kämpfer im Interesse fremder Staaten ist hinlänglich belegt und bekannt. Nach der militärischen Intervention der Türkei im syrischen Konflikt baute sich der nördliche Nachbarstaat eine direkt unterstellte und finanzierte Stellvertretergruppe in Nordsyrien auf, die sogenannte „Syrische Nationalarmee“ (SNA), welche vielmehr einen losen Zusammenschluss verschiedener, teilweise untereinander konkurrierender Milizen sind, die in Folge von Machtkämpfen aus den übrigen Oppositionsgebieten in Syrien vertrieben wurden. Kurzerhand entwickelten sie sich zu einer potenten Streitkraft im Dienste der Türkei, die zuerst in Libyen eingesetzt wurden, wo sie unter anderem gegen die russische Privatarmee „Wagner“ kämpften und einen entscheidenden Faktor in der erfolgreichen Gegenoffensive der in Tripolis ansässigen Regierung darstellten. Wenige Monate später folgte ein Einsatz im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan, wo sie Letztere unterstützten. Seitdem ist es relativ ruhig um sie geworden.
Auf russischer Seite wiederum ist es weniger der Fall, dass Russland sich direkt unterwürfige Gruppierungen aufgebaut hat, seitdem sie in Syrien auf Seiten der syrischen Regierung intervenierten. Vielmehr setzte man semi-private Sicherheitskräfte wie die bereits erwähnte Wagner-Gruppe oder das von Russland mitfinanzierte al-Sayyad-Unternehmen an der Aus- und Weiterbildung regierungsunterstützender Milizen an, die sich teilweise dann neu formierten und z.B. die „ISIS Hunter“ bildeten, die unbestätigten Berichten zufolge sogar Teil von Wagner waren. Ihre primäre Aufgabe war die Verteidigung von russischen Raffinerien, Pipelines etc. in der syrischen Wüste, wo sie ständigen Überfällen des Islamischen Staates ausgesetzt waren. Seit dem „Sieg“ über die Terrormiliz in Syrien sind sie nicht mehr in Erscheinung getreten. Diese Gruppierungen wurden aber wenig bis gar nicht im Ausland eingesetzt, es gab Meldungen über die Präsenz pro-russischer Söldner in Libyen, unklar ist aber ob diese auf russischer oder privater Initiative da waren. Der systematische und gezielte Einsatz wie auf türkischer Seite ist damit nicht widerlegt, entsprechend wäre eine Präsenz in der Ukraine ein Novum.