
Im Bürgerkriegsland Jemen wurde ein Rätsel auf brutale Weise gelöst: Anfang Dezember tauchten die ersten Gerüchte und Meldungen auf Seiten der jemenitischen Exilregierung und deren Unterstützern auf, dass die mit ihnen verfeindeten schiitisch-zaidischen Houthi-Rebellen bei der seit inzwischen einem Jahr andauernden Schlacht um die strategisch wichtige Stadt Marib erst- und einmalig einen Kampfhubschrauber verwendet hätten. Nun bestätigt nach langem Rätselraten Saudi-Arabien die erfolgreiche Zerstörung eines Mi-24-Kampfhelikopters in der Region um Marib und offenbart zugleich die eigenen Misserfolge seit ihrer Militärintervention im Jemen vor sieben Jahren, wo sie offiziell verkündet hatten sämtliche Helikopter und Kampfjets in den Händen der Aufständischen vernichtet zu haben. Derweil rückt eine Allianz südjemenitischer Separatisten im Zentraljemen gegen die Houthis weiter vor, während der Kampf um Marib weiter andauert.
Anfang Dezember, während schweren Gefechten an den südlichen Toren der strategisch wichtigen Stadt Marib, gab es erste Meldungen über den Einsatz eines Kampfhubschraubers durch die Houthis, welche unter dem offiziellen Namen „Ansar Allah“ agieren. Dieser soll zu dem Zeitpunkt den Vorstoß auf das Balaq al-Sharqi-Gebirge unterstützt haben, indem er die Flanken sicherte und verschiedene Kämpfer auf Seiten der Exilregierung tötete. Staatsmedien nannten diesen Hubschrauber aus den ehemaligen Armeebeständen des Jemens als Ursache für die hohen Verluste in Süd-Marib, sowohl personell als auch territorial. Nun veröffentlichte das Verteidigungsministerium Saudi-Arabiens ein Video, wo der Abschuss eines am Boden gelandeten Mi-24-Helikopters zu sehen ist. Dabei handelt es sich auch höchstwahrscheinlich um den zuletzt in Marib gesichteten Vertreter der „Houthi-Luftwaffe“, da weitere Helikopter im Besitz von Ansar Allah unbekannt sind. Nichtsdestotrotz existieren Gerüchte über mögliche Kampfjets und weitere Flugsysteme, die in irgendwelchen Lagerhallen im Nordjemen versteckt gehalten werden und auf den Abzug der Arabischen Koalition warten, um eingesetzt zu werden.
Parallel dazu starteten südjemenitische Separatisten mit der Unterstützung der Vereinigten Arabischen Emirate eine Gegenoffensive in der Region Shabwah im Zentraljemen. Federführend ist dabei die sogenannte „Gigantenbrigade“, welche aus überzeugten Anhängern eines unabhängigen Jemens bestehen und dementsprechend hart um die (ehemals) südjemenitischen Territorien kämpfen. Auch andere Teile der Armee sind aktiv, nehmen aber eher eine kleinere Rolle ein.
Dabei konnten sie innerhalb weniger Woche beachtliche Erfolge gegen die Houthis vorweisen, vor allem die Sicherung der Städte Beihan und Usaylan in einer ansonsten dünn besiedelten Region ist dabei bedeutsam. Anzumerken ist dabei, dass es sich bisher um Wiedereroberungen handelt, da die Houthis zusammen mit lokal verwurzelten Stammesmilizen die Gebiete vor etwa zwei Monaten sichern konnten. Auch bisher kontrollieren die Schiiten damit einen Großteil des Shabwah-Distriktes, jedoch handelt es sich nach derzeitigem Trend nur um eine Frage der Zeit.
Marib kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, besonders im jemenitischen Konflikt nahm er eine besondere Rolle ein. Denn eigentlich besitzt die Stad lediglich 20.000 Einwohner. Diese Bevölkerungszahl konnte sich aber in Folge des Krieges vervielfachen, einigen Schätzungen zufolge halten sich zwei Millionen Flüchtlinge in der Provinz auf. Grund hierfür ist die Herrschaft der Islah-Partei, dem inoffiziellen jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft. Diese konnte bisher relativ erfolgreich ihre Territorien aus den Gefechten heraushalten, auch wenn sie offiziell die Exilregierung unter Präsident Mansour Hadi unterstützen und von Saudi-Arabien und Katar finanziert werden. Die Islah-Partei musste jedoch enorm an Einfluss einbüßen, insbesondere seit Anbeginn der Houthi-Offensive und wird allgemein als Buhmann innerhalb der Regierungskoalition gesehen, viele Jemeniten sehen die Muslimbruderschaft als heimliche Unterstützer der Houthis, obwohl es hierfür keine Beweise gibt.
Die Eroberung von Marib würde viele neue Fronten eröffnen, darunter ein Angriff auf den letzten jemenitischen Grenzübergang zu Saudi-Arabien, al-Wadiah. Zudem liegen dort viele Bohrtürme und Raffinerien, welches eine der letzten Einnahmequellen für die jementische Regierung darstellt. Gerade in der Wüste im Osten des Jemens wäre es aufgrund der schieren Größe nahezu unmöglich, dauerhafte Verteidigungen und Patrouillen einzusetzen und somit wichtige Ressourcen von den aktiven Frontlinien im Südwesten des Landes abzuziehen, auch wenn die Houthi-Rebellen in der Vergangenheit wenig effektiv in diesem Terrain waren. Bereits heute soll es in der Wüste feste Schmugglerringe geben, die beispielsweise Waren und Waffen von der omanischen Grenze zu den Houthi-Gebieten schaffen. Stattdessen würden kleinere Verbände an Houthi-Kämpfern die Grenzstädte zur Wüste attackieren, ähnlich den asymmetrischen Taktiken des Islamischen Staates in Syrien und dem Irak. Vor allem aber wäre es auch eine Botschaft an die Golfstaaten, welche vor inzwischen sechs Jahren in den Konflikt auf Seiten der Regierung eingriffen. Die Eroberung von Marib wäre eine Rückkehr nach 2014, weite Erfolge der Golfstaaten-Intervention würden damit zunichte werden.