Neue Kämpfe in Nordsyrien

Nicht nur in Südsyrien kam es nach langer Auszeit zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, auch der Norden des Landes ist derzeit von brutalen Zusammenstößen verschiedener Fraktionen geprägt, wenn auch von niedrigerer Intensität. Türkische Streitkräfte und ihre islamistischen Stellvertreter führen mit dem kurdisch-arabischen Milizenbündnis der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF), welche wiederum von der syrischen Regierung unterstützt werden, schwere Gefechte entlang der gemeinsamen Frontlinie, innerhalb kurzer Zeit wurden dutzende Zivilisten verletzt und mehrere Kämpfer getötet. Seit dem Tod türkischer Soldaten vor einem Monat konnte sich die Lage in Nordsyrien kaum beruhigen und ist stattdessen von regelmäßigen Plänkeleien geprägt. 

Schwere Artillerieangriffe auf die Stadt al-Bab sollen bis zu 23 Personen verletzt haben, ein Großteil davon Zivilisten. Mehrere Gebäude und zentrale Plätze wurden in den späten Nachstunden schwer beschädigt, mehrere Brände mussten von lokalen Rettungskräften gelöscht werden. Als Täter werden zwei verschiedene Fraktionen beschuldigt, einerseits die syrische Armee welche über schweres Kriegsgerät verfügt und nur wenige Kilometer südlich von al-Bab stationiert wird. Andererseits kurdische SDF-Kämpfer, welche wiederum östlich der Stadt über wichtige Militärstützpunkte verfügen und in erster Linie in Gefechten in der Region involviert sind.

Kurz darauf kam es zwischen SDF und Islamisten zum gegenseitigen Artillerie- und Mörserbeschuss entlang der gemeinsamen Frontlinie zwischen al-Bab und Manbij, kurz darauf folgten auch der Einsatz von Panzerabwehrlenkwaffen und ATGMs. Dabei mussten beide Seiten eine unbekannte Anzahl an Verluste erleiden, beispielsweise wurden auf oppositioneller Seite ein Bagger zur Errichtung von Verteidigungsstellungen und ein Krankenwagen zerstört, mehrere Kämpfer wurden getötet. Im Gegenzug wurden mehrere Kontrollpunkte der SDF zerstört. Dabei tauchte auch öffentlichkeitswirksam „Abu TOW“ auf, welcher seit dem Anbeginn des Bürgerkrieges für seinen TOW-Einsatz gegen die syrische Armee berühmt geworden ist und insgesamt an der Zerstörung dutzender Fahrzeuge beteiligt gewesen sein soll. Das türkische Militär droht derweil regelmäßig, ebenfalls aktiv zu werden und damit schwereres Gerät wie Kampfjets oder Drohnen gegen die kurdischen Einheiten einzusetzen.

Vor fast einem Monat kam es in Nordsyrien zu einem folgenschweren Angriff auf eine türkische Militärbasis unweit der vor drei Jahren vom Islamischen Staat eroberten Stadt al-Bab. Was man zunächst für einen Artillerieangriff der syrischen Armee hielt, stellte sich wenig später als eine Raketenoperation der SDF heraus, die in tiefer Rivalität mit der Türkei stehen. Nach dem Tode mehrerer türkischer Soldaten und dutzenden Verletzten reagierte das nördliche Nachbarland sichtlich ungehalten und bombardierte mit der Unterstützung ihrer islamistischen Stellvertreter etliche SDF-Ortschaften, welche wiederum die Eskalationsspirale weiter vertieften und ihrerseits pro-türkische Territorien in Afrin und Azaz attackierten.

Die letzten Vorfälle in al-Bab können als Kontinuität des seit über drei Jahren andauernden Status Quo betrachtet werden. Immer wieder kommt es zwischen der Türkei und ihren islamistischen Stellvertretern auf der Einen und der syrischen Regierung und kurdisch-arabischen SDF auf der anderen Seite zu ständigen Auseinandersetzungen entlang der gemeinsamen Frontlinien, die oftmals wenig markiert sind. Insbesondere der anhaltende kurdische Widerstand in der ehemals von der SDF kontrollierten Region Afrin gibt der Türkei immer wieder neuen Anlass, dessen Angriffe mit eigenen Militärschlägen auf die Kurden zu vergelten. Dies wiederum führt zu neuen Reaktionen und Vergeltungsaktionen, wodurch ein ewiger Kreislauf gefördert wird.

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