
Am Mittwoch Morgen kam es an der israelisch-libanesischen Grenze zu einem ungewöhnlichen Zwischenfall, als mehrere Raketen und Mörsergranaten aus dem libanesischen Raum ein offenes Areal nahe der israelischen Siedlung Kiryat Shmona trafen und dort ein Feuer entfachten. Israelische Streitkräfte begannen kurz darauf mit dem Artilleriebeschuss auf den Libanon, welche laut dem Verteidigungsministerium entlang der gesamten geteilten Grenze stattfinden und seit über einer Stunde andauern. Die Täter und der Anlass für diesen Angriff auf Israel sind bisher ungeklärt, jedoch geht man von einer eher kleinen und unabhängigen Gruppierung aus, ein mögliches Konfliktpotential mit der Hisbollah oder ähnlichen Organisationen erscheint bisher gering.
Dem israelischen Militär zufolge trafen zwei Raketen die israelische Ortschaft Kiryat Shmona, wobei ein weiteres Projektil bereits im libanesischen Staatsgebiet detonierte. Die Raketen kamen unweit mehrerer Wohnhäuser nieder, wodurch zwar ein Brand entstand, aber keine weiteren Schäden verursacht wurden. Israel reagierte umgehend mit eigenen Artillerieschlägen, die mehrere libanesische Orte trafen und bisher wenig zielgerichtet erscheinen. Bisher scheint der Gegenangriff Israels zwar unverhältnismäßig stark zu sein, jedoch entspricht dies dem typischen israelischem Muster, um eine Abschreckungswirkung aufzubauen. Das genaue Ausmaß lässt sich dennoch erst dann erahnen, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat.
Während Konflikte zwischen den israelischen Anrainerstaaten nichts unübliches sind, stellen Zwischenfälle an der libanesischen Grenze inzwischen eher eine Seltenheit dar. Zuletzt kam es bei der letzten großen Auseinandersetzung zwischen dem israelischen Militär und den Milizen des Gazastreifens zu Solidaritätsbekundungen aus dem Libanon, welche das Zuhause Zehntausender Palästinenser darstellt. Aufgrund dessen kam es vereinzelt zu Raketen- und Granatenangriffen auf israelische Positionen im Grenzgebiet, die aber keine nennenswerten Schäden verursacht haben sollen. Die Hisbollah als größter (libanesischer) Rivale Israels hielt sich damals zurück, auch wenn es immer wieder zu gegenseitigen Plänkeleien kommt. Auch hier wird die Hisbollah wohl eine untergeordnete Rolle spielen, da die drei Raketen nicht der typischen Quantität und Qualität von Hisbollah-Operationen entspricht. Abhängig von der Intensität der israelischen Reaktion könnte sich die Hisbollah jedoch dazu berufen fühlen, ihre Rolle als die „Verteidigerin“ des Libanons aufzunehmen.