Israelisches Schiff im Indischen Ozean angegriffen

Nach mehrmonatiger Pause geht der geheime Seekrieg zwischen Israel und dem Iran in eine neue Runde: Vor etwa einer Woche wurde ein Frachtschiff unter israelischer Flagge von unbekannten Tätern attackiert, was zu mittelschweren Schäden und einem Bordfeuer geführt haben soll. Damit reiht sich der neueste Vorfall in die zunehmend länger werdende Liste von Sabotageakten auf iranische und israelische Schiffe im Nahen Osten ein, parallel zu den andauernden Angriffen auf das iranische Atomprogramm und Teile der Industrie. Zuletzt wurde im April ein iranisches „Mutterschiff“ im Roten Meer attackiert, welches westlichen Berichten zufolge Aufklärungs- und Spionagemissionen für die jemenitischen Houthi-Rebellen durchgeführt hatte.

Der große Frachter „CSAV Tyndall“ vermeldete die Explosion vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate, nachdem es vom Hafen Jeddah in Saudi-Arabien startete. Das Schiff fuhr nicht unter israelischer Flagge und auch das Personal war nicht israelisch. Zodiac Maritime Ltd, ein internationales Schiffsmanagement-Unternehmen mit Sitz in London, dem das Schiff gehört haben soll, sagte, dass es die CSAV Tyndall weder besitze noch verwalte. Eine Quelle, die mit der Flotte vertraut ist, sagte, das Unternehmen habe vor einigen Monaten ein Schiff verkauft und gehöre nun dem israelischen Unternehmer Eyal Ofer. Diesem Zwischenfall vorausgegangen war ein vermuteter Angriff auf ein iranisches Industrieunternehmen, welches Zentrifugen zur Urananreicherung produziert und in Folge dieses Hacker-Angriffs seine Arbeit unterbrechen musste. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Tyndall-Anschlag einen Vergeltungsakt darstellt.

US-internen Berichten zufolge soll das israelische Militär seit 2019 Maßnahmen gestartet haben, die sich explizit gegen die iranischen Frachter und Schiffe im Mittelmeer und Roten Meer richten, unter anderem durch den Einsatz von Raketen oder Seeminen. Insgesamt wurden über den Zeitraum von über zwei Jahren zwölf Schiffe unter iranischer Flagge attackiert. Angeblich soll es sich dabei um eine Maßnahme gegen den „vom Iran finanzierten Terrorismus“ handeln, die über den Seeweg nicht nur Rohstoffe an ihren Verbündeten liefern, sondern auch Waffen an die Hisbollah oder andere Verbündete. Faktisch jedoch bedeutet es vor allem die Sanktionierung der syrischen Regierung und der Millionen Syrer, die unter ihr leben. Die unter anderem bereits durch US-Sanktionen hervorgebrachte Wirtschaftskrise und Inflation wird weiter befeuert, indem der Zugang zu Öl als Treibstoff oder Heizmaterial erschwert wird.

Rückwirkend können dadurch viele Ereignisse erklärt werden, die den Konflikt zwischen Iran und Israel auf hoher See als Hintergrund haben. Beispielsweise kam es im Februar zu einer schweren Ölpest an der israelischen Mittelmeerküste, die einen 160 Kilometer langen Küstenabschnitt verschmutzte und hunderte Tiere tötete. Das israelische Verteidigungsministerium beschuldigte einen iranischen Frachter, welcher sich nach Syrien begab, diese Umweltkatastrophe absichtlich als Form eines „Öko-Terrorismus“ verursacht zu haben. Im Juli 2019 gab es einen mysteriösen Vorfall vor der syrischen Küste, als mehrere Öl-Pipelines explodierten und auch dort schwere wirtschaftliche und ökologische Schäden verursachten. Bereits früh berichtete die Regierung von einem gezielten Sabotageakt, welcher durch Haftminen und Taucher durchgeführt wurde. Eine Liste von ähnlichen Fällen ließe sich weiterführen, so gab es beispielsweise im Oktober 2019 einen zweifachen Raketenangriff auf einen iranischen Öltanker vor der jemenitischen Küste oder Mitte 2020 einen unbekannten Angriff auf ein iranisches Frachtschiff im Mittelmeer.

Offiziell bekennt sich Israel nicht zu derartigen Aktionen gegen den Iran, jedoch attackiert die israelische Luftwaffe in Syrien regelmäßig verschiedenste Ziele im Zusammenhang mit dem iranischen oder syrischen Militär, wozu sie aber nur selten wiederum Stellung beziehen. Die neuesten Offenbarungen enthüllen eine neue Dimension israelischer Bemühungen, den Iran langfristig zu schwächen und den Einfluss der Islamischen Republik in der Region zu mindern. Rückendeckung erhält Israel dabei von der amerikanischen Administration unter dem neuen Präsident Joe Biden, welcher wieder aktiver und aggressiver in den Konfliktherden des Nahen Ostens agiert, wie man zuletzt nach den US-Luftschlägen in Ostsyrien beobachten konnte.

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