
Innerhalb von 72 Stunden wurde die amerikanische Militärpräsenz in den Ländern Syrien und Irak mindestens drei Mal attackiert, einigen Berichten zufolge kam es sogar zu vier Vorfällen. Diese Zunahme an Angriffen liegt der gegenwärtigen Eskalationsspirale zwischen irakisch-schiitischen Milizen und den USA zugrunde, wobei Erstere die anhaltende „Besetzung“ bzw. Militärpräsenz in ihren Ländern ablehnen und dabei durch iranische Unterstützung Zugang zu moderneren Raketen und Drohnen erhalten. Sowohl zwei Stützpunkte, als auch die US-Botschaft in Bagdad wurden demnach von bisher unbekannten Tätern beschossen. In letzter Zeit haben sich derartige Vorkommnisse erheblich vermehrt, seit Juni kam es insgesamt zu mindestens zwölf Militärschlägen gegen die USA, während die amerikanische Luftwaffe ebenfalls mehrmals reagierte und Kämpfer in der syrisch-irakischen Grenzregion bombardierte.
Die letzten Vorfälle ereigneten sich im Zeitraum zwischen dem vierten und sechsten Juli, wobei es gerade um den Angriff am vierten Juli, dem Nationalfeiertag der USA, Unstimmigkeiten und Mysterien gibt. Laut erster Darstellung trafen mehrere Raketen eine US-Basis in den syrischen al-Omar-Ölfeldern, die zuletzt am 29. Juni attackiert wurde. Es existieren erhebliche Kommunikationsprobleme zwischen den verschiedenen involvierten Gruppierungen; demnach kam es laut den USA zu keinem Vorfall, dem Pressesprecher dem mit den Amerikanern verbündeten arabisch-kurdischen Milizenbündnis der „Syrischen-Demokratischen Kräfte“ (SDF) zu einem Angriff von unbekannten Tätern und der für die Region zuständigen SDF-Administration lediglich zur Entschärfung von Sprengstoffen. Hinzu kommen Medienberichte, die von Militärübungen zwischen US-Truppen und syrischen Kämpfern sprechen. Bis heute ist der Fall nicht gelöst, dass ein Angriff auf diesem Ziel an solch einem symbolischen Tag stattfinden würde, wäre zumindest aber nicht verwunderlich.
Klarheit hingegen gab es an den Folgetagen. Am 5. Juli wurde zunächst die al-Assad-Militärbasis im Westen Iraks mit mehreren Raketen attackiert, welche einige materiellen Schäden verursacht haben sollen. Kurz darauf kam es relativ gleichzeitig zu ähnlichen Attacken auf den „Union III“-Stützpunkt nahe Bagdad und der US-Botschaft im Zentrum der Hauptstadt. Das Ergebnis davon ist nicht ganz klar, zumindest kam es aber zu keinen Verletzten oder Toten.
Weshalb die Situation sich in den letzten Tagen derart zugespitzt hat ist nicht ganz ersichtlich, noch kurz zuvor kündigte US-Präsident Joe Biden in einer Rede an, weitere Angriffe auf US-Truppen als „rote Linie“ zu bezeichnen und man selbst dann zurückschlagen werde, wenn kein amerikanisches Personal verletzt oder getötet wurde, was der bisherigen Militärdoktrin im Irak widerspricht. Möglicherweise versuchen die pro-iranischen Milizen wie Kataib Hisbollah oder Sayyid al-Shuhada, welche oftmals an vorderster Front gegen die US-Präsenz in ihrem Heimatland kämpfen, nun die Geduld der USA zu testen und provozieren mit der Absicht, die tatsächliche „rote Linie“ zu finden, nachdem die USA im Gegensatz zu den Fällen im Juni keine Vergeltungsluftschläge durchführte.
Die Milizen Kataib Hisbollah und Sayyid al-Shuhada sind im Irak ein integraler Bestandteil der „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMF/PMU), eine Teileinheit der irakischen Streitkräfte und genießen dementsprechend weitgehend Immunität gegenüber anti-amerikanischen Aktionen. Jedoch agieren sie auch teilweise in Syrien, welches im Kontrast zum Irak einen eher „rechtsfreien Raum“ darstellt, in dem die USA bedenkenlos agieren können, weshalb regelmäßige Vergeltungsschläge auch im westlichen Nachbarland und nicht im Ursprungsland Irak durchgeführt werden. Dort konnten sie mit anderen Milizen und Organisationen ein großes Netzwerk und eine wichtige Basis etablieren, welches primär der Unterstützung der syrischen Regierung und der Bekämpfung des Islamischen Staates gilt. Jedoch nutzt der Iran diese Gebiete auch, um seinen Einfluss weiter auszubauen und relativ problemlos Waffen bis an die Hisbollah im Libanon zu transportieren, so konnten sie beispielsweise einen eigenen Grenzübergang wenige Kilometer südlich vom Offiziellen errichten und nur für militärische Güter etc. nutzbar machen.