Konfrontation in Dara’a

In der südsyrischen Region Dara’a mit der gleichnamigen Provinzhauptstadt verhärten sich die Fronten zwischen lokalen Akteuren, ehemaligen Aufständischen und Verbündeten der syrischen Regierung. Nach ständigen Überfällen, Attentaten und allgemeiner Anomie riegelte das syrische Militär weite Teile der südlichen Hälfte von Daraa, auch als Daraa al-Balad bekannt, ab und belagern es faktisch seit über einer Woche. Den Ex-Rebellen wurde im Zuge der Friedensverhandlungen vor fast drei Jahren eine weitgehende Autonomie zugesprochen, die immer wieder zu Plänkeleien mit der Zentralregierung führt. Nun brachen in ganz Südsyrien Proteste in Solidarität mit den Belagerten aus, auf beiden Seiten bereitet man sich auf einen bewaffneten Konflikt vor.

Fast die gesamte südliche Hälfte von Daraa macht das Viertel al-Balad aus, welches seit dem 24. Juni nun belagert sein soll. Sämtliche Auswege bzw. Eingänge dahin sind vom syrischen Militär gesperrt, ob davon aber auch Warenlieferungen wie z.B. Nahrung betroffen sind, ist jedoch unklar. Anlass hierfür sollen die ständigen Unruhen sein, die sich gegen die syrische Regierung richten. Oppositionellen Medien soll die Belagerung durch „iranische Dschihadisten“ bzw. schiitische Milizen durchgeführt werden, dafür gibt es aber keine Belege. Neben dem Viertel selber sind inzwischen auch Demonstrationen in anderen anderen Orten der Region organisiert worden, darunter in den Städten Horan, Tafas, Yadoudah, Jizah und Bosra ash-Sham. Diese Städte sind ebenso wie Daraa al-Balad weitgehend autonom regiert, weshalb ähnliche Szenarien drohen könnten und diese Proteste zunächst nicht niedergeschlagen werden können. Insgesamt ist die gegenwärtige Situation Ausdruck eines seit lange brodelnden Einflusskonfliktes.

Während der Osten Südsyriens eine „reguläre Kapitulation“ akzeptieren musste (sprich: Generalamnestie für alle Kämpfer, Freiwillige können nach Idlib transportiert werden und die Regierung kehrt als Administrator zurück), sah es westlich von Daraa wesentlich besser für die Opposition aus: Auf Intervention Russlands konnte man einen sehr großzügigen Frieden schließen. Die Regierung wird zunächst nur rudimentär in die Region zurückkehren, Ex-Rebellen werden weiterhin die Verwaltung der Gebiete übernehmen und können sogar weiterhin ihre Waffen behalten. Ebenso wird die syrische Armee nicht zurückkehren, lediglich die russische Militärpolizei wird sporadisch Patrouillen fahren. Wie man heute weiß, war diese zugesprochene Autonomie verheerend für die gesamte Region.

Denn seit Jahren dauert der Konflikt zwischen Ex-Rebellen, die sich teils eigenständig und teils unter der russischen Schirmherrschaft innerhalb des „5. Korps“ organisieren, und syrischem Militär an. Aufständische sorgen regelmäßig für Attentate und Angriffe auf isolierte Kontrollpunkte oder Militärkonvois, meist kann der Eingriff Russlands schlimmeres verhindern. Langsam aber endet auch die Geduld der russischen Präsenz im Land, denn die ehemaligen Rebellen verschaffen sich selbst immer mehr Autonomie, rekrutieren eigenhändig Kämpfer und handeln mit Waffen. Mit dieser Zuspitzung ist selbst Russland unzufrieden, die bisher ihre schützende Hand über sie gelegt hatten.

Dara’a gilt als  der Geburtsort der „Revolution“ und versteht sich damit auch als Hochburg des Widerstandes gegen die syrische Regierung, während andere Landesteile fest unter Regierungskontrolle stehen und es dort fast nie zum erwähnenswerten Widerstand kommt. Der wohl primäre Grund des Aufstandes ist neben der regulären Unzufriedenheit aber in den Friedensverhandlungen zu finden, die nach der erfolgreichen Offensive der syrischen Armee durchgeführt wurden um weiteres Blutvergießen aus dieser für die Opposition aussichtslosen Situation zu vermeiden. Diese Operation spaltete das Territorium der Aufständischen in zwei Teile: Einen völlig umkreisten Ostteil rund um Dara’a und weiter westlich die Provinz Quneitra, die bisher nahezu unberührt von den Gefechten war und zumindest teilweise von Israel unterstützt wurden.

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