
Nur wenige Stunden nach den US-Luftschlägen auf irakisch-schiitische Milizen im Grenzgebiet von Syrien und Irak reagierten ebendiese Gruppierungen mit Vergeltungsschlägen auf eine amerikanische Militärbasis im Osten Syriens. Mehrere Dutzend Raketen schlugen auf einen Stützpunkt in der ölreichen Provinz Deir ez-Zor nieder, das US-Militär reagierte mit Gegenangriffen auf die Startpositionen, die einen Kämpfer töteten. Der Vorfall ist die neueste Zuspitzung im Stellvertreterkrieg zwischen amerikanischen und iranischen Interessengruppen, die um Macht und Einfluss in der irakisch-syrischen Grenzregion buhlen und offenbart, dass beide Seiten jederzeit ihre Drohungen und Warnungen wahr machen werden.
Betroffen war eine Militärbasis nahe den al-Omar-Erdölfeldern in der östlichen Hälfte von Deir ez-Zor, nur wenige Kilometer von der irakisch-syrischen Grenze entfernt. Der ist dadurch bedeutend, dass al-Omar aufgrund der schieren Menge an Öl und Gas zu den lukrativsten Regionen in Syrien gehört und es zwischen der syrischen Regierung und den mit den USA verbündeten arabisch-kurdischen Milizenbündnis der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) ein Rennen um dieses Gebiet kam, dass sich Letztere für sich entscheiden konnten und unregelmäßig Guerilla-Operationen des Islamischen Staates ausgesetzt ist. Die USA ist also dementsprechend stark vor Ort präsent, auch da inzwischen amerikanische Unternehmen einen Großteil der Ölförderung übernehmen.
Mehrere Raketen schlugen demnach auf ein Militärgelände ein, ersten US-Angaben zufolge nur wenige Projektile welche weder materiellen, noch personellen Schaden verursachten. Am Folgetag wurde die Meldung leicht korrigiert, demnach schlugen insgesamt 34 Raketen vor Ort ein. Auf Satellitenbilder ist zudem zu sehen, dass zumindest ein Lagerhaus beschädigt wurde. Die US-Streitkräfte reagierten mit den Gegenbeschuss auf die vermeintlichen Startpositionen, die rund zehn Kilometer im Umkreis der Stadt Mayadeen entfernt waren. Das Ergebnis davon ist nicht geklärt, einigen Meldungen nach kam aber ein schiitischer Kämpfer um. Die SDF war an den Gefechten ebenfalls beteiligt, während die syrische Armee nicht involviert war.
Anlass für den Vorfall waren die US-Luftschläge auf Militärstellungen zweier schiitisch-irakischer Milizen in Syrien und Irak, namentlich Kataib Hisbollah und Sayyid al-Shuhada. Beide Gruppierungen sollen im Irak an den immer öfters auftretenden Raketen- und Drohnenattacken auf amerikanische Stützpunkte beteiligt sein, weshalb die USA sich eigene Angriffe unter der Legitimation der Selbstverteidigung vorenthält. Kurz darauf drohte ein Pressesprecher von al-Shuhada mit Vergeltungsschlägen ihrerseits, die sich innerhalb von 24 Stunden auch manifestiert haben. Aufgrund der geringen Schäden auf beiden Seiten wird es wohl nicht zu einer weiteren Eskalation kommen, auch wenn der Status Quo sich nicht ändern wird.
Die erwähnten Milizen Kataib Hisbollah und Sayyid al-Shuhada sind im Irak ein integraler Bestandteil der „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMF/PMU), eine Teileinheit der irakischen Streitkräfte und genießen dementsprechend weitgehend Immunität gegenüber anti-amerikanischen Aktionen. Jedoch agieren sie auch teilweise in Syrien, welches im Kontrast zum Irak einen eher „rechtsfreien Raum“ darstellt, in dem die USA bedenkenlos agieren können, weshalb der Angriff auch im westlichen Nachbarland und nicht im Ursprungsland Irak durchgeführt wurde. Dort konnten sie mit anderen Milizen und Organisationen ein großes Netzwerk und eine wichtige Basis etablieren, welches primär der Unterstützung der syrischen Regierung und der Bekämpfung des Islamischen Staates gilt. Jedoch nutzt der Iran diese Gebiete auch, um seinen Einfluss weiter auszubauen und relativ problemlos Waffen bis an die Hisbollah im Libanon zu transportieren, so konnten sie beispielsweise einen eigenen Grenzübergang wenige Kilometer südlich vom Offiziellen errichten und nur für militärische Güter etc. nutzbar machen.