
In der nordsyrischen Stadt Manbij sind in den vergangenen zwei Tagen schwere Proteste ausgebrochen, die von den lokalen Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen werden. Die lokal verwaltete Region untersteht dem arabisch-kurdischen Milizenbündnis der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF), welche über weite Teile Nord- und Ostsyriens herrschen und die Region um Manbij im Jahre 2016 vom Islamischen Staat erobern konnte. Die ethnisch komplexe Situation vor Ort führt immer wieder zu Spannungen zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb und außerhalb der gleichnamigen Stadt, die von anderen Kräften wie der Türkei oder syrischen Regierung weiter verschärft werden. Nun sind in Folge von Demonstrationen gegen die Wehrpflicht und wirtschaftliche schwierige Situation mehrere Zivilisten erschossen wurden, was die Situation nur noch weiter verschärfen könnte.
Die ersten Demonstrationen brachen am Montag aus, nachdem in letzter Zeit die Problematik von erhöhten Benzinpreisen und der allgemeinen Wehrpflicht wieder an verstärkter Aufmerksamkeit erfuhr. Lokale Sicherheitskräfte, die sogenannte „Asayish“, reagierten darauf mit dem Einsatz von Schusswaffen, wodurch mindestens vier Personen verletzt wurden, es existieren auch Berichte von Toten. Von diesem Punkt aus eskalierte die Situation weiter, in verschiedenen Orten um Manbij wurden Barrikaden errichtet, im Dorf al-Yasti wurde ein Polizeihauptquartier und ein Kontrollpunkt in Brand gesteckt. Auch SDF-Kämpfer als Verstärkung wurden angegriffen, wo es aber keine Berichte von Verletzten oder Tote gibt. Autonomieverwaltung und Stammesführer versuchen derzeit zu verhandeln und die Unruhen zu beenden, jedoch ist derzeit kein Ende davon in Sicht.
In letzter Zeit sind wieder Konflikte und Spannungen bezüglich der weitreichenden Wehrpflicht im Territorium der SDF aufgetaucht. Einige Stimmen möchten den Status Quo aufrechterhalten und dabei auf die ständige Gefahr einer türkischen Invasion hinweisen, während Andere sich für einen Wechsel der jahrealten Praktik stark machen, die in Zeiten tatsächlichen Mannstärkemangels und einer wesentlich kritischeren Situation gegen den Islamischen Staat entstanden ist. Unzufriedenheit bezüglich dieses Themas ist nicht nur bei der SDF vorzufinden, auch bei der syrischen Regierung existiert diese Problematik, die vielen Jugendlichen Anlass für eine Flucht aus dem Land war. Gepaart mit der anhaltenden Wirtschaftskrise, neben der allgemeinen Zerstörung auch durch die US-Sanktionen hervorgerufen, ergibt sich dadurch eine erhebliche Gefahr für die SDF, auch wenn ersten Meldungen zufolge die Situation in Manbij entschärft werden konnte, indem die Wehrpflicht vorerst pausiert und alle gefangen genommenen Demonstranten entlassen werden.
Die Region rund um Manbij gehört zu den am meisten umkämpften Gebieten, auch wenn dieser Konflikt oftmals auf rein diplomatischer Ebene stattfindet. Als westlichster Ausläufer des SDF-Territoriums und vom Rest durch den Fluss Euphrat getrennt, grenzt es im Norden und Westen an das von der Türkei und ihren islamistischen Verbündeten kontrollierte Gebiet, während das südliche Grenzgebiet von der syrischen Regierung beherrscht wird. Immer wieder kam es zu Plänkeleien zwischen den verschiedenen Fraktion, zuletzt kam es zu einem wackeligen Bündnis zwischen Regierung und der SDF, die letzten Endes dazu führte, dass die russische und syrische Armee Grenzposten entlang der westlichen Manbij-Grenze errichteten, um den ständigen Überfällen islamistischer Kräfte vorzubeugen. Auch heute noch kommt es regelmäßig zu diesen Aktionen, dessen Ziele aber nicht der Eroberung neuer Gebiete dienen. Innerhalb von Manbij gibt es relevante Fraktionen, die der syrischen Regierung positiv gegenüberstehen (vor allem diverse arabische Stämme) und auch eine kleine Minderheit von Oppositionsunterstützern, die vor einigen Jahren durch mehrere Attentate an Aufmerksamkeit erfahren haben.