Kämpfe zwischen Kurden und Regierung

Der entfernteste Nordosten Syriens war in den letzten vier Tagen von brutalen Gefechten zwischen lokalen Sicherheitskräften geprägt, die jeweils dem kurdisch-arabischen Milizenbündnis der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) oder der syrischen Regierung unterstehen. Die syrisch-türkische Grenzstadt Qamishli ist der Austragungsort, wo die syrische Regierung einige isolierte Viertel, den Grenzübergang und den Flughafen kontrolliert, welche von strategisch wichtiger Bedeutung sind. Neben der Ermordung mehrerer Zivilisten berichten beide Seiten vom Tod mehrerer Kämpfer, wodurch die derzeitige Auseinandersetzung die Brutalste seit Jahren in der Region ist. Russische Vermittlungsbemühungen sind bereits mehrfach gescheitert, ein Ende der Gefechte ist nicht in Sicht, während die SDF mehrere Straßen und Wohnblöcke erobern kann.

Die Gefechte brachen aus bisher unbekannten Gründen am Dienstag aus, als sich die sogenannten SDF-Sicherheitskräfte „Asayish“ und die Regierungsmiliz der „National Defense Force“ (NDF) erste Scharmützel lieferten, worauf bereits wenig später schwere Geschütze wie Pick-Ups und Raketenwerfer folgten. Der Großteil der Kämpfe konzentriert sich auf das christlich-arabische Viertel al-Tayy, aber auch der Halko-Bezirk ist Austragungsort. Bisherigen Berichten zufolge sind die Asayish in diesen beiden Vierteln vorgerückt, ohne die Gebiete jedoch vollständig zu erobern. Bisher wurden durch den gegenseitigen Beschuss wurden bisher acht NDF- und vier Asayish-Kämpfer getötet, zudem gibt es Meldungen von bis zu zwei getöteten Zivilisten.

Die Besonderheit der Situation liegt darin, dass weder die syrische Armee, noch die regulären SDF-Streitkräfte in den Vorfall involviert sind und das Geschehen von der Seitenlinie beobachten. Beide Seiten haben kein wirkliches Interesse an der Eskalation, einzig die HET-Spezialeinheiten der Asayish wurden als Verstärkung hinzugezogen. Russland versuchte bereits vier Mal eine Waffenruhe zu vermitteln, welche jedoch nach wenigen Stunden wieder gebrochen wurde. So wie kein Ende der Situation in Aussicht steht, weiß man auch wenig über den genauen Anlass der Kämpfe. In der Vergangenheit war oftmals das Ignorieren von Kontrollpunkten der jeweils anderen Fraktion ein Grund für die Gewaltspirale, auch ist das Verhältnis zwischen den Sicherheitskräften ohnehin recht angespannt. Ein weiterer Faktor können Stammesdispute sein, die zumindest diesmal eine Rolle spielen sollen.

Es kam in den vergangenen Jahren immer wieder zu derartigen Situationen, welche oftmals in noch größerem Blutvergießen endeten. Vor fast drei Jahren kam es zu einem ähnlichen Ereignis, in dessen Folge 18 Kämpfer von beiden Seiten ihr Leben nahmen. Als Anlass werden immer Unstimmigkeiten bei den Checkpoints genannt, so werden entweder Sicherheitsmaßnahmen der anderen Seite ignoriert oder man versucht Rekrutierungskampagnen im anderen Territorium durchzuführen. Einigen Berichten nach werden diese Konflikte aktiv von den USA unterstützt, da sie die derzeit andauernden Friedensverhandlungen zwischen SDF und syrischer Regierung behindern und dies ein Einflussverlust für die USA in Syrien bedeuten würde.

Die Stadt al-Qamishli ist seit jeher in zwei Teile geteilt: Während die Kurden den Großteil der Großstadt beherrscht, kontrolliert die syrische Regierung weiterhin das Zentrum mitsamt syrisch-türkischen Grenzübergang, viele christliche Viertel und den großen Flughafen vor Ort. Im Gegensatz zur weiter südlich gelegenen Stadt al-Hasakah kam es hier bisher aber nur zu vereinzelten, isolierten Vorfällen von Gefechten. Dort intervenierte vor zwei Jahren sogar die syrische Luftwaffe, letzten Endes wurden die Regierungseinheiten jedoch aus dem Großteil der Stadt al-Hasakah verbannt und darf nach langwierigen Verhandlungen nur noch eine administrative Präsenz vor Ort besitzen, während sie weiterhin eine Militärbasis außerhalb der Stadt kontrollieren. Viele fürchten nun ein ähnliches Szenario in Qamishli, wo jedoch die Präsenz der syrischen Armee eine Militäroffensive der Türkei auf die Region verhindert.

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