
Ein Frachtschiff im israelischen Privatbesitz wurde im Arabischen Meer Hunderte Kilometer südlich vom Oman von mehreren Raketen getroffen, wie israelische Medien und die Regierung berichten. Das Containerschiff, welches auf dem Weg von Tansania nach Indien unter liberischer Flagge unterwegs war, soll israelischen Angaben zufolge von mindestens zwei iranischen Projektilen attackiert worden sein, wobei das Schiff am Ende seine geplante Route nach einer kurzen Unterbrechung regulär fortsetzen konnte. Veröffentlichte Fotos beweisen mehrere Schäden am Rumpf des Frachters, die unter anderem durch Explosionen und Schrapnellen verursacht wurden und die Gesamtdarstellung bestätigt, auch wenn bisher keine Beweise für einen iranischen Hintergrund bestehen. Es entspricht aber dem Geschehen der letzten Monate, wonach Israel und der Iran einen geheimen Wirtschaftskrieg auf dem Meer ausfechten, der auf beiden Seiten zu beschädigten Schiffen geführt hat.
Der Frachter mit dem Namen „Lori“ wurde kurz vor Mitternacht von mehreren Projektilen getroffen, wodurch das Schiff kurz stoppen aber daraufhin seinen Weg weiterverfolgen konnte. Israel beschuldigt das iranische Militär bzw. die iranischen Revolutionsgarden hinter diesem „Akt der Aggression“, einige Beobachter sehen aufgrund des sehr geringen Schadens, immerhin konnte das Boot seine Fahrt nach Indien beenden, aber auch einen israelischen Hintergrund, um die angespannte Situation zwischen den beiden Ländern weiter anzuheizen und den Konflikt weiter zu intensivieren. Während Israel von Raketen als Einsatzwaffe spricht, sind auch Drohnen nicht auszuschließen, was den verhältnismäßig kleinen Schaden weit draußen auf dem Meer zwischen Indien und Oman erklären könnte. Aufgrund der geographischen Nähe zum Jemen wären auch nicht die Houthi-Rebellen auszuschließen, welche über effektive Drohnen verfügen und Israel regelmäßig drohen, aber in der Vergangenheit willkürlich keine zivilen Schiffe attackiert hat.
US-internen Berichten zufolge soll das israelische Militär seit 2019 Maßnahmen gestartet haben, die sich explizit gegen die iranischen Frachter und Schiffe im Mittelmeer und Roten Meer richten, unter anderem durch den Einsatz von Raketen oder Seeminen. Insgesamt wurden über den Zeitraum von über zwei Jahren zwölf Schiffe unter iranischer Flagge attackiert. Angeblich soll es sich dabei um eine Maßnahme gegen den „vom Iran finanzierten Terrorismus“ handeln, die über den Seeweg nicht nur Rohstoffe an ihren Verbündeten liefern, sondern auch Waffen an die Hisbollah oder andere Verbündete. Faktisch jedoch bedeutet es vor allem die Sanktionierung der syrischen Regierung und der Millionen Syrer, die unter ihr leben. Die unter anderem bereits durch US-Sanktionen hervorgebrachte Wirtschaftskrise und Inflation wird weiter befeuert, indem der Zugang zu Öl als Treibstoff oder Heizmaterial erschwert wird.
Rückwirkend können dadurch viele Ereignisse erklärt werden, die den Konflikt zwischen Iran und Israel auf hoher See als Hintergrund haben. Beispielsweise kam es im Februar zu einer schweren Ölpest an der israelischen Mittelmeerküste, die einen 160 Kilometer langen Küstenabschnitt verschmutzte und hunderte Tiere tötete. Das israelische Verteidigungsministerium beschuldigte einen iranischen Frachter, welcher sich nach Syrien begab, diese Umweltkatastrophe absichtlich als Form eines „Öko-Terrorismus“ verursacht zu haben. Im Juli 2019 gab es einen mysteriösen Vorfall vor der syrischen Küste, als mehrere Öl-Pipelines explodierten und auch dort schwere wirtschaftliche und ökologische Schäden verursachten. Bereits früh berichtete die Regierung von einem gezielten Sabotageakt, welcher durch Haftminen und Taucher durchgeführt wurde. Eine Liste von ähnlichen Fällen ließe sich weiterführen, so gab es beispielsweise im Oktober 2019 einen zweifachen Raketenangriff auf einen iranischen Öltanker vor der jemenitischen Küste oder Mitte 2020 einen unbekannten Angriff auf ein iranisches Frachtschiff im Mittelmeer.
Offiziell bekennt sich Israel nicht zu derartigen Aktionen gegen den Iran, jedoch attackiert die israelische Luftwaffe in Syrien regelmäßig verschiedenste Ziele im Zusammenhang mit dem iranischen oder syrischen Militär, wozu sie aber nur selten wiederum Stellung beziehen. Die neuesten Offenbarungen enthüllen eine neue Dimension israelischer Bemühungen, den Iran langfristig zu schwächen und den Einfluss der Islamischen Republik in der Region zu mindern. Rückendeckung erhält Israel dabei von der amerikanischen Administration unter dem neuen Präsident Joe Biden, welcher wieder aktiver und aggressiver in den Konfliktherden des Nahen Ostens agiert, wie man zuletzt nach den US-Luftschlägen in Ostsyrien beobachten konnte.