Huthi-Rebellen rücken im Norden weiter vor

Die jemenitischen Houthi-Rebellen nahmen vor mehreren Wochen ihre Militäroffensive in der Provinz Marib auf, dessen angestrebtes Ziel die Eroberung der gleichnamigen Provinzhaupstadt ist, die in vielen Kreisen als kriegsentscheidende Stadt gilt. Die jetzt seit über einem Jahr andauernde Militäroffensive der Houthis, welche ebenfalls unter ihrem offiziellen Namen „Ansar Allah“ sind, scheint nun Früchte zu tragen, die Gefechte zwischen den schiitisch-zaidischen Aufständischen und Regierungstruppen haben sich inzwischen fast an die Tore jenen Ortes verschoben, welches für Ansar Allah das letzte Hindernis in Richtung der ostjemenitischen Ölfelder und des letzten Grenzüberganges nach Saudi-Arabien darstellt. Während bereits erste Flüchtlingslager in Umgebung der einst sicher geltenden Stadt unter Houthi-Kontrolle stehen, konzentrieren beide Seiten mehr und mehr Feuerkraft in Marib, Saudi-Arabien flog zur Unterstützung mehrere Luftangriffe. Einige schätzen, dass der Ort in denn kommenden Wochen fallen könnte.

Die Militäroffensive wurde nach einer mehrmonatigen Pause wiederaufgenommen, die Ausgangsbedingungen dafür waren ideal: Bereits in den Monaten und Jahren zuvor konnten die Houthi-Rebellen langsam aber stetig in Richtung von Marib vorrücken und dabei etliche Berge und Gebirgsketten erobern können, insgesamt konnte man aus drei Richtungen auf die Stadt vorstoßen: Norden, Süden und Westen. Die derzeitige Operation findet bisher nur aus dem Norden und Westen statt und konnte insbesondere in letzterer Himmelsrichtung Erfolge verbuchen, nämlich das Vorrücken auf mehrere Kilometer entlang der Straße zwischen Marib und Sanaa. Darunter befinden sich einige Militärlager, das Dorf al-Zour und mehrere Berge. Das Einzige was Marib und die Houthis an dieser Front trennt ist der Masariyah-Berg, ein wenig weiter südlich soll man auch kurz vor dem Staudamm der Stadt stehen. Weiter nördlich soll es ähnliche Erfolge vorzuweisen geben, jedoch existiert hier eine dünnere Informationslage. Beide Seiten erleiden bei den intensiven Kämpfen schwere Verluste, vor allem auch nachdem Saudi-Arabien nach langer Zeit wieder Luftangriffe aufnahm.

Der Ort kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, besonders im jemenitischen Konflikt nahm er eine besondere Rolle ein. Denn eigentlich besitzt die Stadt Marib lediglich 20.000 Einwohner. Diese Bevölkerungszahl konnte sich aber in Folge des Krieges vervielfachen, einigen Schätzungen zufolge halten sich zwei Millionen Flüchtlinge in der Provinz auf. Grund hierfür ist die Herrschaft der Islah-Partei, dem inoffiziellen jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft. Diese konnte bisher relativ erfolgreich ihre Territorien aus den Gefechten heraushalten, auch wenn sie offiziell die Exilregierung unter Präsident Mansour Hadi unterstützen und von Saudi-Arabien und Katar finanziert werden. Die Islah-Partei musste jedoch enorm an Einfluss einbüßen, insbesondere seit Anbeginn der Houthi-Offensive und wird allgemein als Buhmann innerhalb der Regierungskoalition gesehen, viele Jemeniten sehen die Muslimbruderschaft als heimliche Unterstützer der Houthis, obwohl es hierfür keine Beweise gibt.

Die Eroberung von Marib würde viele neue Fronten eröffnen, darunter ein Angriff auf den letzten jemenitischen Grenzübergang zu Saudi-Arabien, al-Wadiah. Zudem liegen dort viele Bohrtürme und Raffinerien, welches eine der letzten Einnahmequellen für die jementische Regierung darstellt. Gerade in der Wüste im Osten des Jemens wäre es aufgrund der schieren Größe nahezu unmöglich, dauerhafte Verteidigungen und Patrouillen einzusetzen und somit wichtige Ressourcen von den aktiven Frontlinien im Südwesten des Landes abzuziehen, auch wenn die Houthi-Rebellen in der Vergangenheit wenig effektiv in diesem Terrain waren. Bereits heute soll es in der Wüste feste Schmugglerringe geben, die beispielsweise Waren und Waffen von der omanischen Grenze zu den Houthi-Gebieten schaffen. Stattdessen würden kleinere Verbände an Houthi-Kämpfern die Grenzstädte zur Wüste attackieren, ähnlich den asymmetrischen Taktiken des Islamischen Staates in Syrien und dem Irak. Vor allem aber wäre es auch eine Botschaft an die Golfstaaten, welche vor inzwischen sechs Jahren in den Konflikt auf Seiten der Regierung eingriffen. Die Eroberung von Marib wäre eine Rückkehr nach 2014, weite Erfolge der Golfstaaten-Intervention würden damit zunichte werden.

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