
Seit über einem Monat kommt es im Südkaukasus zwischen Aserbaidschan und Armenien zu den tödlichsten Gefechten, die die Region seit Jahrzehnten erlebt hat. Dieser Krieg wird von vielen Beobachtern als ein „Konflikt des 21. Jahrhunderts“ beschrieben, wo es erstmalig zum Einsatz moderner Waffensysteme in einer konventionellen Kriegsführung kommt. An vorderster Front dieser neuen Realität befinden sich die multifunktionalen Drohnen, welche in erster Linie von Aserbaidschan eingesetzt werden, wobei es Gerüchte darüber gibt, dass die aserbaidschanische Drohnenflotte in Wirklichkeit von der Türkei operiert wird. Baku bezieht dieses Arsenal von den Verbündeten Israel und der Türkei, welche wiederum ihre Drohne nicht ohne ihre internationalen Komponente herstellen können. Ein integraler Teil dafür wird von deutschen Unternehmen geliefert, welche sich damit an dem brutalen Krieg im Kaukasus beteiligen.
Zu den wohl tödlichsten als auch effektivsten Waffensystemen im aktuellen Konflikt zählt die türkische „Bayraktar TB2“, welche zugleich als Aufklärungs- und Kampfdrohne fungiert und bereits in anderen Kriegsschauplätzen wie Libyen oder Syrien ihren Wert beweisen konnten. Sie ist dadurch außergewöhnlich, dass sie aufgrund ihrer Maximalhöhe von über neun Kilometern nur von wenigen Radarsystemen und von noch weniger Luftabwehr geortet bzw. abgeschossen werden kann, zudem kann sie sich mit 30 Stunden verhältnismäßig lange in der Luft halten. Mit etwa fünf Millionen US-Dollar an Produktionskosten pro Bayraktar handelt es sich um Peanuts bei militärischen Unternehmungen, das Preisleistungsverhältnis macht diese Drohne auch für internationale Handelspartner attraktiv, zuletzt bekundigte die Ukraine ein Interesse am Erwerb mehrerer Bayraktar-Drohnen, welche zukünftig im Donbass-Konflikt genutzt werden könnten.
All diese Entwicklungen wären nicht möglich, würde sich die Bundesregierung an ihr eigenes Exportverbot von Waffen und Bauteilen halten. Stattdessen werden von deutschen Firmen mit der Aussicht auf Profit Unmengen an Komponenten an die türkische Rüstungsindustrie, ohne die z.B. die Bayaktar TB2 nicht fliegen könnte. Denn die Motoren der Drohne werden von der in Sachsen ansässigen „Technify Motors GmbH“ produziert. Der Konzern produziert Motoren für kleine Flugzeuge und Luftgefährte. Technify in Kooperation mit amerikanischen Unternehmen hat für die Bayraktar TB2 den Dieselmotor „Continental CD 155“ und für die türkische Aufklärungsdrohne des Typs Anka-S den „PD155“-Motor entwickelt.
Ein weiteres Unternehmen ist die aus Bayern stammende „Numerics Software GmbH“, welche Unterstützung bei der Programmierung von türkischen Drohnen geleistet haben. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums sind 2008 zwei Abkommen der Firma mit dem türkischen Staat genehmigt worden, 2011 eins und 2013 zwei weitere. Den aber wohl wichtigsten Faktor für die türkischen Kampfdrohnen sind die Sprengköpfe, die maßgeblich unter der Leitung eines anderen Betriebes entwickelt und produziert wurden: Der Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme mbH (TDW).
TDW ist die in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft des europäischen Raketensystementwicklers MBDA, welches sich aus weiteren europäischen Unternehmen zusammensetzt. TDW hat den Entwurf der aus türkischen Drohnen abgefeuerten OMTAS-Raketen übernommen. Die Panzerabwehrrakete OMTAS ist mit dem von TDW produzierten Tandem-Gefechtskopfsystem gebrauchsfähig für die Nutzung in Kampfdrohnen gemacht worden. Mit Unterstützung der TDW sind diese 35 Kilogramm schweren Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von vier Kilometern dazu befähigt worden, nach dem Abschuss die Zielrichtung zu ändern. Der Hauptsitz von TDW ist in Schrobenhausen in Bayern. Die Produktionslizenz für das Raketensystem hat der Rüstungskonzern für insgesamt 290.000 Euro an die Türkei verkauft. TDW arbeitet seit 2010 mit dem türkischen Staat zusammen.
Doch nicht nur türkische Drohnen sind von diesem Fakt betroffen, ein ähnliches Muster ist auch bei den israelischen UAVs zu bemerken. Ohnehin ist die enge militärische Kooperation zwischen Deutschland und Israel bei der Entwicklung neuer Drohnentypen ein offenes Geheimnis, erst vor zwei Jahren leaste die Bundeswehr mehrere Drohnensysteme von der israelischen Regierung, derzeit gibt es Debatten über die eigene Entwicklung im Land. In den verschiedenen abgeschossenen oder abgestürzten Drohnen wie der „IAI Harop“ gehen hervor, dass auch hier unzählige Unternehmen beteiligt sind. Ein Beispiel hierfür ist die Batterieproduktion, in diesem Sektor sind direkt zwei Firmen beteiligt: Die Varta AG aus Baden-Württemberg und Hawker GmbH mit Sitz in Nordrhein-Westfalen stellen die bereits erwähnten Batterien bereit, wodurch die Drohnen überhaupt in der Luft operieren können.
Andere Länder wie Kanada oder Österreich beendeten angesichts des brutalen Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan und den damit verbundenen Kriegsverbrechen bereits die Zusammenarbeit mit der türkischen Rüstungsindustrie, welches mittelfristig zum Stopp der türkischen Drohnenproduktion führen wird. Von Deutschland hingegen mangelt es weiterhin an einer klaren Absage eines Konfliktes, welchen es ohne deutsche Unterstützung in seiner heutigen Form nicht geben würde. Stattdessen werden die eigenen Versprechungen gebrochen, keine Rüstungsexporte in völkerrechtswidrigen Konflikten zu genehmigen.