Drei Wochen Krieg im Kaukasus

Seit drei Wochen kommt es zu einem bis dato unausgesprochenen Krieg zwischen den Armeen Armeniens und Aserbaidschans um die armenische Region Bergkarabach, welche zugleich Schauplatz der schweren Gefechte ist. Mit der massiven Unterstützung der Türkei kann die Regierung in Baku deutliche Geländegewinne verzeichnen und unter hohen gegenseitigen Verlusten neue Gebiete erobern. Beide Seiten lehnen weiterhin Verhandlungen und einen diplomatischen Ausweg aus dem Konflikt ab, weswegen die zwei Länder auf internationale Unterstützung setzen. Die neuesten Entwicklungen zeigen, dass gerade der Iran zukünftig eine wichtige Rolle im Krieg spielen könnte.

Die aserbaidschanische Armee expandiert in Süd-Bergkarabach weiterhin ihr Kontrollgebiet. Entlang des Flussbettes des Aras konnten sie ungehindert vordringen und befinden sich nur noch wenige Kilometer von der armenischen Grenze erobern. Unter den neuesten Eroberungen befinden sich die nahe der iranischen Grenzgebiet liegenden Brücken von Choda Afarin, welche im Mittelalter gebaut wurden und Bergkarabach bzw. Aserbaidschan und Iran miteinander verbinden. Bei dem Vorrücken filmten armenische Sicherheitskameras angeblich mehrere syrische Söldner, die als Soldaten der Grenzgarden gekleidet waren. Die Präsenz syrischer Söldner ist inzwischen hinlänglich belegt, syrische Kontakte sprechen von bis zu 200 getöteten Syrern in Aserbaidschan.

Die aserbaidschanischen Streitkräfte versuchen derzeit, ihre Lage zu konsolidieren und darauf aufbauend weiter nördlich vorzudringen, wo sich entlang der Stadt Lachin der einzige richtige Verbindungsweg zwischen Armenien und Bergkarabach befindet. Die armenische Armee startete vor wenigen Tagen eine Gegenoffensive nahe der iranischen Grenze, jedoch ist der Erfolg dieser Operation unbekannt. Beide Seiten müssen weiterhin schwere Verluste erleiden, gerade die aserbaidschanischen Drohnen sorgen für Armenien zu schweren materiellen Verlusten, über den Kriegsverlauf wurden dutzende Trucks, Panzer, Artilleriegeschütze und Luftabwehrsysteme zerstört. Dennoch gibt es keine diplomatischen Annäherungen, beide Seiten sehen bisher nur den militärischen Weg als die einzige Option zur Beilegung des Konfliktes.

Insgesamt schien der Rückzug der armenischen Truppen aus dem Süden Bergkarabachs geordnet verlaufen zu sein. Einzige Ausnahme bildet der Militärstützpunkt und die Offiziersschule in der Stadt Fuzuli. Dort konnten aserbaidschanische Truppen bedeutende Mengen an Munition, kleineren Waffen und mehrere Artilleriegeschütze erbeuten. Darunter befinden sich neben einigen wenigen T-72-Kampfpanzern auch eine größere Anzahl an Panzer- und Flugabwehrwaffen, welche in der Vergangenheit erfolgreich genutzt wurden. Es handelt sich dabei um einen größeren Verlust von Waffen und könnte darauf hindeuten, dass zumindest die Stadt Fuzuli relativ schlagartig verlassen werden musste.

Pro-aserbaidschanische Karte zeigt die Situation in Bergkarabach. Die nördlichen Erfolge sind übertrieben, während der Süden vergleichsweise realistischer ist.

Der Iran ist in seiner potentiellen Rolle im Kaukasus-Konflikt gespalten. Einerseits sieht es Armenien als traditionellen Verbündeten an und hat in den letzten Wochen die einzige Möglichkeit dargestellt, Waffen nach Armenien zu bringen, was rigoros von Russland genutzt wurde. Zudem wurde vor wenigen Tagen das UN-Waffenembargo auf Iran beendet, was den Export und Import von Kriegssystemen in die ganze Welt ermöglicht, gerade für Armenien könnte da die iranische Drohnenflotte auf Weltniveau von hohem Interesse sein.

Andererseits besitzt der Iran im Nordwesten des Landes eine große Minderheit an Aserbaidschanern, die zahlreicher sind als die eigentlichen Einwohner Aserbaidschans. Diese agieren mit andauerndem Kriegsverlauf deutlich aggressiver, gehen inzwischen zu Tausenden auf die Straßen der iranischen Städte. Darin fordern sie die Blockade des armenisch-iranischen Grenzübergangs, volle Solidarität mit Aserbaidschan und bisweilen auch separatistische Gedanken, obwohl dies nur eine kleine Minderheit darstellt. Diese Demonstrationen wurden früh und gewaltsam von den lokalen Sicherheitskräften niedergeschlagen. Ob derartige Proteste wirklich eine realpolitische Auswirkung haben, bleibt abzuwarten.

Derzeit beschränkt sich die Interaktion der iranische Führung darauf, mehrere Drohnen an der Grenze bzw. im iranischen Luftraum abzuschießen, dessen Überreste dann dem Militär übergeben werden. So wurde erst am Dienstag zum wiederholten Male eine israelische Aufklärungsdrohne des Typs „IAI Harop“ abgeschossen, nachdem sie die aserbaidschanisch-iranische Grenze überquerte. Drohnen und Raketen treffen immer wieder die Randgebiete zum Iran, inzwischen sperrte die Regierung den Zugang zum Grenzgebiet, vor allem da sich jeden Tag schaulustige Iraner an der Trennlinie trafen, von wo sie aus den Krieg beobachten konnten.

Im Kontrast dazu steht die Involvierung der Türkei, welche maßgeblich an dem Krieg beteiligt sind, auch wenn das gesamte Ausmaß ungewiss ist. Nicht nur wurden Waffen und Kriegssysteme im Wert von mehreren Millionen US-Dollar über das letzte halbe Jahr von der Türkei nach Aserbaidschan gebracht, auch hunderte syrische Söldner sind in Aserbaidschan aktiv. Einige Schätzungen gehen sogar soweit, von bis zu 2000 Syrern zu reden, die Seite an Seite mit Baku kämpfen, wovon fast 200 getötet wurden. Hinzu kommt eine türkische Militärpräsenz in Aserbaidschan, welche beispielsweise mehrere Kampfjets in der zweitgrößten Stadt des Landes stationiert haben. Hinzu kommen noch etwa 600 türkische Soldaten, welche einigen Gerüchten zufolge auch das Drohnenarsenal im Konflikt operieren.

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