Regierung, Separatisten und VAE kämpfen um Jemens größte Insel

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Südlich der arabischen Halbinsel liegt die jemenitische Insel Socotra, aufgrund ihrer einzigartigen Flora und Fauna ist sie ein beliebtes Urlaubsziel in der Region. Doch auch wenn Socotra bisher vom jemenitischen Konflikt verschont war, spitzt sich dort die Situation gefährlich zu, seitdem südjemenitische Separatisten versuchen, ihre eigene Regierung zu etablieren. Diese Spannungen führen zur Spaltung zwischen der südjemenitischen Bevölkerung und der Armee unter dem Kommando Saudi-Arabiens und der Exilregierung. Der Mikrokosmos von Socotra ist Ausdruck der gegenwärtigen Verwerfungen im Land und jenen Ambitionen, die ausländische Mächte auf den Jemen ausüben. Denn auch die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen, sich die Insel einzuverleiben.

Nachdem der „südjemenitische Übergangsrat“ in der südlichen Hauptstadt Aden eine Selbstverwaltung aufrief, kam es in weiten Teilen des Südens zu Protesten gegen die eigentliche Regierung, welche seit Jahren für ihre Korruption und fehlende Unterstützung für zivile Institutionen innerhalb der Bevölkerung verrufen ist. Diese Demonstrationen machten auch nicht vor der Socotra-Insel Halt, welche Teil des einst souveränen Südjemens war. In der lokalen Bevölkerung gab es schon immer Ressentiments gegenüber der Exilregierung, die oft von Nordjemeniten dominiert wird, und einen gewissen Lokalpatriotismus. Insofern war es offensichtlich, dass es einen mehrheitlichen Rückhalt für den Übergangsrat gab.

Einige der vor Ort stationierten Milizen schlossen sich dem Dachverband der „Southern Resistance“ an und verursachten damit einen Konflikt mit der jemenitischen Armee, welche einige Einheiten auf der Insel stationiert hat. Daraufhin brachen Gefechte aus, nachdem südjemenitische Kämpfer versuchten, auf die Provinzhauptstadt Hadiboh vorzurücken und sie schließlich zu erobern. Kämpfe konnten erst durch die diplomatischen Bemühungen von Saudi-Arabien unterbunden werden, die ebenfalls auf Socotra präsent sind. Die neue Vereinbarung sieht eine unruhige Waffenruhe vor, in der sich beide Seiten in ihre Militärbasen zurückziehen und errichtete Straßensperren und Checkpoints entfernen sollen. Damit wiederholt sich auf der Insel das gleiche Bild wie auf dem Festland: Erst durch die Intervention internationaler Kräfte wie den VAE oder Saudi-Arabien kann ein Frieden zwischen den zumindest militärisch Verbündeten der Exilregierung und südjemenitischen Separatisten wiederhergestellt werden, damit man sich auf den gemeinsamen Feind der schiitisch-zaidischen Houthi-Rebellen konzentrieren kann.

Jedoch hegen die Vereinigten Arabischen Emirate in diesem Falle ihre eigenen Pläne. Denn Socotra ist ein integraler Bestandteil der emiratischen Expansion in der Region, vor zwei Jahren versuchten sie bereits erfolglos, die Socotra-Insel militärisch zu besetzen. Die VAE wollten aus der Insel zugleich eine ständige Militärbasis errichten und daraus ein beliebtes Touristenziel entwickeln lassen. Besonders seine Lage macht es auch für den internationalen maritimen Handel äußerst lukrativ, das erdölreiche und exportorientierte Land wäre an einer Annexion der Insel dementsprechend interessiert. Tatsächlich versuchte das Land bereits seit seiner Intervention im Jahre 2015 die Herzen der rund 60.000 Einwohner zu gewinnen, so dass man vielen Bürgern eine kostenlose Reise nach Abu Dhabi anbot oder spezielle Arbeitserlaubnisse für die Vereinigten Arabischen Emirate ausgab. Letztendlich aber scheiterte eine vollständige Annexion an dem Protest der Bevölkerung und daraus resultierten Verhandlungen mit Saudi-Arabien.

Yemen
Ehemalige VAE-Streitkräfte auf der Insel Socotra, welche später durch Saudi-Arabien ersetzt wurden

1990 vereinigte sich die Demokratische Volksrepublik Jemen (Südjemen) und Jemenitische Arabische Republik (Nordjemen) zur heutigen Republik Jemen. Dies geschah in erster Linie unter der Führung des Präsidenten von Nordjemen Ali Abdullah Saleh, weshalb bis heute die politischen Eliten aus dem Norden stammen oder zumindest Verbindungen zu ihnen aufweist. Die Vereinigung geschah zu Beginn unter der Hoffnung, auch zwei relativ verschiedene Länder, deren Kulturen, Ressourcen und Menschen zu vereinen. Doch bald kam es zur Ernüchterung, der Süden fühlte sich hintergangen, negiert und ausgebeutet und es kam 1994 zum Bürgerkrieg. Südjemen verlor jedoch den Konflikt und alle Hoffnungen auf ein föderalistisches System wurden aufgegeben. 2007 gab es zuletzt eine größere Unabhängigkeitsbewegung des Südens, die Hirak-Bewegung die kurz darauf brutal von der Saleh-Regierung niedergeschlagen wurde. Seitdem gab es immer wieder kleinere Proteste, letzten Endes führte aber die Kriegssituation und Entlassung von al-Zubaidi aber erst zur größeren Massenbewegung in Aden, die sich seitdem über den ganzen Süden ausbreitete und dank der Unterstützung der VAE auch eine größeres Milizenbündnis aufstellen konnte.

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