Nach intensiven Gesprächen zwischen dem türkischen President Reccep Erdogan und dem amerikanischen Vizepräsidenten Mike Pence bei seinem heutigen Besuch in Ankara soll es zu einer überraschenden Einigung im Konflikt um Nordsyrien gekommen sein, nachdem türkische Streitkräfte mit der Unterstützung syrischer Islamisten eine groß angelegte Militäroperation auf die kurdisch-arabischen „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) ausführten und diese Tat international scharf kritisiert und sanktioniert wurde. Die neue Vereinbarung zwischen den zwei NATO-Mächten sieht eine fünftägige Waffenruhe vor, in diesem Zeitraum sollen die in der SDF dominierende Kraft der kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) sich aus der gesamten Grenzregion zurückziehen. Dieser „Deal“ gleicht eher einer Kapitulation als einer Friedensvereinbarung, macht er doch den derzeitigen Verteidigungskampf der Kurden zunichte.
Für besondere Verwirrung sorgt diese amerikanische Entscheidung, welche scheinbar über den Köpfen der SDF-Führung hinweg erdacht wurde und zudem in keinster Weise den Tatsachen auf dem Boden wiederspiegelt. Mit dieser Vereinbarung würde der Türkei das ursprüngliche Ziel der Militäroffensive, die Etablierung einer rund 30 Kilometer breiten „Sicherheitszone“ entlang dem Großteil der nordsyrischen Grenze und dem Abzug der dort beheimateten und stationierten Kräfte der Kurden zu erringen. Stattdessen soll eine aus verschiedenen Teilen Syriens stammende, islamistische Regierung unter der Obhut der Türkei die Gebiete verwalten, welche unter den derzeitigen Bedingungen nicht erkämpft, sondern kampflos unter dem Druck der USA übergeben wurden. Zudem soll die YPG sämtliches schweres Kriegsgerät abgeben und ihre Verteidigungsstellungen zerstören, so wie man es noch im Sommer als „Vertrauensmaßnahme“ gegenüber der Türkei getan hat.
Besonders fragwürdig ist die Entscheidung in Anbetracht dessen, dass die USA in Nordsyrien über keine Truppenpräsenz und damit auch keinerlei relevanten Einfluss verfügt, dieses Machtvakuum hat stattdessen die syrische Regierung und Russland eingenommen, welche wiederum nicht Teil der Abmachung sind. Die USA hat also innerhalb von einer Woche ihre Einflussbasis in Syrien verloren, stattdessen befinden sich nun andere Kräfte im Norden des Landes an der Macht. Außerdem wäre eine derartige Kapitulation aus Sicht des arabisch-kurdischen Milizenbündnisses unhaltbar, nachdem man über die letzten Tage hinweg Dutzende getötete Kämpfer und Zivilisten beklagt und z.B. somit wichtige Orte wie Kobane oder Ras al-Ayn übergeben würde, bei dem letzterem Ort handelt es sich um eine seit Anbeginn der Invasion heftig umkämpfte Grenzstadt, welche trotz anhaltender Belagerung erfolgreich von den wenigen kurdischen Verteidigern gehalten werden kann. Nicht umsonst also lehnt ein Pressesprecher der SDF ersten Angaben zufolge den Deal ab.