Die USA und Türkei sollen sich auf eine gemeinsame „Sicherheitszone“ im Norden des Syriens geeinigt haben, wie beide Regierungen verkündeten. Jedoch gibt es in den veröffentlichten Darstellungen keine näheren Details über diese Sicherheitszone, die auf Druck der türkischen Regierung gefordert wurde, da ein Großteil der nordsyrischen Grenze von den USA unterstützten kurdisch-arabischen „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) kontrolliert werden, welche wiederum im nördlichen Nachbarland als terroristische Gruppierung angesehen werden. Während sich die Türkei für diesen Erfolg rühmt, ist die Länge und Breite des Korridors unklar. Dafür soll in den kommenden Tagen ein Koordinationszentrum entstehen, welches den Aufbau der Pufferzone koordinieren und planen soll. Für Syrien und die SDF bedeutet es eine weitere Untergrabung der eigenen Souveränität, viele der wichtigsten kurdischen Städte befinden sich entlang der syrisch-türkischen Grenze.
Türkischen Medienberichte zufolge soll die Pufferzone bis zu 20 Kilometer breit sein und die gesamte Grenze betreffen. Damit würden Orte wie Kobane (Ayn al-Arab), Qamishli, Tel Abyad oder Ras al-Ayn betroffen sein, welche eine kurdische Mehrheit besitzen und sich seit jeher unter der Kontrolle der SDF befinden. Diese Populationszentren wären ein schwerer Verlust für die Kurden, welche damit ein Großteil ihrer Heimatgebiete verlieren. Aufgrund der wenig öffentlichen Verhandlungen sind das lediglich Mutmaßungen, in den derzeit veröffentlichten Statements lässt sich vor allem herauslesen, dass nichts genaueres bisher beschlossen wurde.
Hierbei wird ein ähnliches Konzept wie im Falle der Provinz Idlib zwischen der Türkei und Russland angestrebt, wo sich beide Seiten bei den Sotschi-Gesprächen auf eine etwa 20 Kilometer breite „Deeskalationslinie“ einigen. In dessen Gebiet sollten sich die Islamisten zurückziehen, türkische und russische Truppen mithilfe von Observierungspunkten und Patrouillen den Frieden wahren. De facto jedoch konnte die Türkei seinen Einfluss in Idlib ausbauen und nach mehreren Monaten kommt es wieder zur Offensive der syrischen Armee. Unsicher ist vor allem, ob die USA und Türkei gemeinsame Patrouillen wie in Manbij durchführen, oder die Türkei stattdessen die von ihnen aufgebauten und ausgerüsteten Islamisten als „Friedenswächter“ einsetzen.
Sollten tatsächlich pro-türkische Stellvertreter in der Pufferzone eingesetzt werden, könnte ein neues Nord-Aleppo und Afrin drohen. Seit der Eroberung durch die pro-türkischen Islamisten mit der Unterstützung der türkischen Streitkräfte sind die Gebiete von allgemeiner Korruption, Rechtslosigkeit und Massenflucht der kurdischen Bevölkerung geprägt. Eigenen Angaben zufolge sollen Zehntausende Milizionäre der „Syrischen Nationalarmee“ aus Afrin bereitstehen, für „Frieden und Ordnung“ in der Pufferzone zu sorgen. Das würde vor allem Eines bedeuten: Die massive Unterdrückung alles Kurdischen, ständige Entführungen, Korruption und ein anhaltender Guerillakampf, der das eigentlich befriedete Nordsyrien für Jahre verfolgen wird.