Auch ohne territorialer Veränderungen dauert im Norden der zentralsyrischen Provinz Hama der Kampf zwischen der Syrisch-Arabischen Armee (SAA) und verschiedenen islamistischen Milizen weiter an. Die Armee scheint zunehmend ihre neuen Eroberungen im Nordosten von Hama zu konsolidieren und nicht weiter vorrücken zu wollen, wie man anhand der derzeitigen militärischen Lage bemerkt. Dennoch versprechen neueste Truppenbewegungen im Süden Aleppos die Eröffnung einer möglichen neuen Front, wo besonders vom Iran unterstützten Gruppierungen präsent sind. Im Gegensatz zu den Bodenoperationen intensivierten sich die inzwischen auf die gesamte Provinz ausgeweiteten Luftangriffe Syriens und Russlands. Die Opposition startete mehrere vergebliche Gegenangriffe.
Einer dieser Gegenoffensiven ist in der Nähe der kürzlich eroberten Stadt al-Huways zugange, am nördlichen Ende der al-Ghab-Ebene. Die islamistische Allianz berichteten nach eigenen Angaben von schweren Kämpfen in der Nähe des Ortes und der Ermordung mehrerer Soldaten, legen dafür jedoch keine Beweise vor. Nur wenige Kilometer von al-Huways entfernt befindet sich ein türkischer Observierungsposten auf einem Hügel, welcher eigentlich die Waffenruhe vor Ort überwachen sollte. Unter dem Schutz türkischer Soldaten attackieren Islamisten die Armeestellungen in der Nähe, wobei oppositionelle Berichte von Angriffen auf den Hügel sprechen, welche jedoch keine Schäden oder Tote verursacht haben sollten. Es ist sehr fragwürdig, dass die derzeit andauernden Geplänkel neben Verlusten auf beiden Seiten territoriale Veränderungen hervorbringen werden.
Ein möglicher Grund für das fehlende Vorrücken der SAA kann in den Gerüchten über Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Türkei zu finden sein, welche sich als „Hüter des Friedens“ in Idlib inszenieren und wohl versuchen, die alte Waffenruhe wiederherzustellen. Jedoch hat die Türkei unhaltbare Forderungen gestellt, sodass die Kämpfe weiter andauern. Bei dem letzten Versuch einer einseitig erklärten Waffenruhe vor einer Woche konnten Islamisten den Ort Kafr Naboudah zurückerobern und der Armee schwere Verluste zufügen. Dementsprechend pessimistisch sieht man einer neuen Runde von Verhandlungen entgegen.
An den ruhigeren Abschnitten der Front gibt es wiederum Zeichen der Versöhnung, so wiedereröffnete die syrische Armee mit russischer Unterstützung einen Weg nahe der Stadt Morek, welches Menschen den Transit zwischen Regierungs- und Oppositionsterritorium ermöglicht. Das Projekt ähnelt jenem der „humanitären Flüchtlingskorridore“, welche die Armee z.B. in Aleppo und Ost-Ghouta errichtete und den Menschen eine Flucht aus den Gebieten der Aufständischen ermöglichte, insofern sie auch erlaubt waren zu fliehen.
Vor Ort sind vor allem Milizionäre der pro-türkischen „Nationalen Befreiungsfront“ unter der Führung der islamistischen Ahrar al-Sham und Tahrir al-Sham (ehemals bekannt unter den Namen Jabhat Fateh al-Sham und al-Nusra) aktiv und stellen das Gros der eingesetzten Kräfte. Auch die regional verwurzelte Jaish al-Izzah war präsent. Der Verlust der Stadt war besonders verheerend für die Armee, da dort neben mehreren festgenommenen Soldaten auch mehrere Militärfahrzeuge, Kampfpanzer und insgesamt 16 Panzerabwehrwaffen erbeutet werden konnten. Die syrische und russische Luftwaffe reagierten mit unablässigen Bombardements und warfen Flugblätter über Idlib ab, die Zivilisten zur Evakuierung aufriefen.
Russland und die Türkei einigten sich vor mehreren Monaten gemeinsam auf eine etwa 15 bis 20 Kilometer breite „demilitarisierte Zone“ entlang der Frontlinien in den Provinzen Idlib, Hama und Aleppo. Diese Pufferzone soll eine militärische Eskalation der derzeitigen Situation in Idlib verhindern, die letzte von der Opposition bzw. Islamisten gehaltene Provinz in Syrien. Die Kontrolle sollen dann türkische und russische Patrouillen in einem Gebiet übernehmen, welches vom Latakia-Gebirge bis an die Großstadt Aleppo reicht. Mit diesen Verhandlungen konnten beide Länder eine lange vorbereitete und angekündigte Großoffensive der Syrisch-Arabischen Armee zumindest vorerst aufhalten. Ein Großteil der türkischen Observierungspunkte wurden bei Beginn der Operation mithilfe von Helikoptern verlassen, wovon Einige wenig später wieder besetzt wurden.
Ein Gedanke zu „Weiterhin Gefechte in Idlib und Hama“