In Südsyrien wächst der Widerstand gegen die Regierung

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Einheiten der syrischen Armee nahe Quneitra nach ihrer Wiedereroberung

Eigentlich sollten die südsyrischen Provinzen Quneitra und Dara’a seit ihrer Wiedereroberung vor einem halben Jahr durch die Syrisch-Arabische Armee und verbündeter Milizen befriedet sein, in Wirklichkeit aber handelt es sich bei der Region um die Einzige im gesamten Land, in der es gezielte Angriffe und Anschläge gegen Institutionen der syrischen Regierung und der syrischen Streitkräfte gibt. So veröffentlichen Guerillamilizen inzwischen Videos von Angriffen auf Checkpoints der syrischen Armee am hellichten Tage. All das ist das Ergebnis besonderer Konstellationen, die auch gerade von Russland herbeigewirkt wurden.

Stolz posieren Kämpfer nach einem Angriff auf einen Armeekontrollpunkt, der nach einer Explosion ein Pick-Up zerstörte und mindestens zwei Soldaten in den Tod riss. Diese Checkpoints sind allgemein besonders verhasst, verkörpern sie nicht nur die ständige Präsenz der syrischen Regierung im Land, sondern dienen auch als Entdeckungs- und Rekrutierungswerkzeug von Wehrdienstverweigerern. Zwar hat sich keine Gruppierung explizit zu dem Anschlag bekannt, jedoch ist sie wahrscheinlich auf die Organisation „Sariyya al-Janub“ zurückzuführen, die bereits in der Vergangenheit ähnliche Aktionen durchgeführt hat.

Zuletzt rühmten sie sich auch mit harmloseren Aktionen, z.B. wurden Wände in der Stadt Dara’a mit regierungsfeindlichen Graffitis besprüht, welche sich in der Tradition der Anfänge von 2011 verstehen, wo angeblich Jugendliche Gleiches getan haben und dabei den syrischen Bürgerkrieg verursachten. Ohnehin gilt Dara’a als Geburtsort der „Revolution“ und versteht sich damit auch als Hochburg des Widerstandes gegen die syrische Regierung, während andere Landesteile fest unter Regierungskontrolle stehen und es dort fast nie zu Guerillaangriffen kommt und wenn doch, sie vom Islamischen Staat stammen.

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Militärische Situation kurz vor den Verhandlungen 

Der wohl primäre Grund des Aufstandes ist aber in den Friedensverhandlungen zu finden, die nach der erfolgreichen Offensive der syrischen Armee durchgeführt wurden um weiteres Blutvergießen aus dieser für die Opposition aussichtslosen Situation zu vermeiden. Diese Operation spaltete das Territorium der Aufständischen in zwei Teile: Einen völlig umkreisten Ostteil rund um Dara’a und weiter westlich die Provinz Quneitra, die bisher nahezu unberührt von den Gefechten war und zumindest teilweise von Israel unterstützt wurden.

Während der Osten eine „reguläre Kapitulation“ akzeptieren musste (sprich: Generalamnestie für alle Kämpfer, Freiwillige können nach Idlib transportiert werden und die Regierung kehrt als Administrator zurück), sah es in Quneitra wesentlich besser für die Opposition aus: Auf Intervention Russlands konnte man einen sehr großzügigen Frieden schließen. Die Regierung wird zunächst nur rudimentär in die Region zurückkehren, Ex-Rebellen werden weiterhin die Verwaltung der Gebiete übernehmen und können sogar weiterhin ihre Waffen behalten. Ebenso wird die syrische Armee nicht zurückkehren, lediglich die russische Militärpolizei wird sporadisch Patrouillen fahren. Wie man heute weiß, war diese zugesprochene Autonomie verheerend für die gesamte Region.

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Ausschnitt von Waffenfunden aus der Stadt Nawa nahe Dara’a

Nahezu tagtäglich kommt es seitdem zu riesigen Waffenfunden in Seen, Lagerhäusern oder einfachen Wohnhäusern. Darunter befinden sich Mörser, ATGMs, Raketen oder auch amerikanische Panzerabwehrwaffen wie TOWs, die noch vor einigen Jahren durch Jordanien in das Land gebracht wurden. Viele der Rebellen waren und sind heute wieder als Schmuggler tätig, der Waffenhandel und die zugesprochene Freiheit stellt ein lukratives Geschäft dabei dar. Die syrische Regierung ist dabei weniger erfreut und geht dementsprechend noch brutaler in den betroffenen Gebieten mit den ehemaligen Aufständischen um.

Dazu zählen immer wieder erscheinende Berichte von Attentate auf Kommandanten der Ex-Rebellen, so wurden u.a. Omar Sharif und Mansour al-Hariri vor einem Monat tot aufgefunden, obwohl sie sich dem „Versöhnungsprozess“ mit der syrischen Regierung angeschlossen haben. Ersterer war Mitverantwortlicher für den Bombenanschlag auf den Präsidentenpalast in Damaskus 2012. Zwar sind auch andere Hintergründe als jener der Regierung möglich, so könnten sie z.B. von „Anhängern der Revolution“ ermordet worden sein, da sie Diese mit dem Versöhnungsprozess verrieten. In Dara’a kommt es aber auch immer wieder zu Konflikten zwischen Stämmen oder Gruppierungen (u.a. auch den ehemaligen Rebellengruppen), wodurch immer wieder Tote zu beklagen sind. Auf jeden Fall verursachen solche Tode einen Kreislauf, der das Misstrauen auf die syrische Regierung wachsen lässt und damit neue Angriffe provoziert, welche wiederum seitens der Armee neue Vergeltungsaktionen hervorbringt.

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