Es tauchen immer mehr Videos auf, wie Hunderte von Fahrzeugen des türkischen Militärs und pro-türkischer Islamisten die Grenze nach Syrien überqueren und Stellung entlang der Frontlinien zu den einst von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) bezieht. Besondere Truppenbewegungen gab es vor allem an der türkisch-syrischen Grenze im Nordosten und nahe der Stadt Manbij, das einzige Territorium westlich des Euphrats, welches von den kurdischen Kräften kontrolliert wird. Nach dem Abzug der US-Truppen scheint es nun zum Showdown zwischen der Türkei und den Kurden zu kommen, dessen Ausgang die Situation des syrischen Konfliktes verändern wird.
Immer wieder werden Militärkonvois der türkischen Armee in Richtung der Grenze zum südlichen Nachbarn gesichtet, welche vor allem aus Dutzenden Militärfahrzeugen bestehen, die für offensivere Operationen eingesetzt werden und dementsprechend wenig Interpretationsspielraum für den Zweck offen lassen. Von Kobane bis der selbsternannten und zusammen mit der Regierung verwalteten Hauptstadt Qamishli reihen sich türkische Truppen zusammen mit pro-türkischen, syrischen Islamisten ein, darunter namhafte und verrufene Milizen wie Sultan Murad, die Hamza-Division oder Ahrar al-Sharqiya. Auf veröffentlichten Videos sieht man Hunderte Fahrzeuge, welche sich von den bereits eroberten Territorien in Afrin und Nord-Aleppo in Richtung Tel Abyad und Manbij bewegen. Dabei droht das selbe Szenario wie damals in Afrin, islamistische Kämpfer brandschatzen alle Wertgegenstände und Ressourcen der Region, unterdrücken die kurdischen Einwohner und bauen ein Regierungssystem auf, welches auf Korruption basiert.
Nach eigenen Angaben hat die Türkei selber bis zu 20.000 Kämpfer aus Syrien angeheuert und auch größtenteils finanziert haben. Zudem soll ein eigens kreierter Stellvertreter eingesetzt werden: Die „Syrische Nationalarmee“ besteht aus Kämpfern ehemaliger Milizen, die mithilfe von materialistischen Versprechungen angeworben wurden und selber eher türkische und keine syrischen oder gar „revolutionären“ Interessen vertreten. Ihre Symbole spiegeln dies nieder, statt die Flagge der Freien Syrischen Armee wird nur noch die Türkische genutzt. Nur wenig bleibt übrig von der einst „glorreichen Revolution“, stattdessen wirbt man woanders mit seiner eigenen Loyalität.
Trotz der Verlegung etlicher Einheiten ist eine bevorstehende Offensive der türkischen Streitkräfte wohl noch unrealistisch, ehe die letzten amerikanischen Einheiten Nordostsyrien verlassen haben. Laut Präsident Trump soll dies noch mehrere Wochen andauern. In diesem Zeitraum verfügen die Kurden noch über die Möglichkeit, neue Verbündete wie die syrische Regierung oder Frankreich für sich zu gewinnen. So oder so kann die SDF nicht ihren Status Quo aufrecht erhalten und wird vom großen Sieger des syrischen Bürgerkrieges zu Einem der Verlierer werden.