Fast eine Woche dauern die Gefechte zwischen Syrisch-Arabischer Armee (SAA), verbündeter Milizen und den Aufständischen in den südsyrischen Provinzen Suweida, Quneitra und Dara’a an. Nachdem die syrischen Streitkräfte beachtliche militärische Erfolge innerhalb solch kurzer Zeit vorzeigen konnten und inzwischen kurz vor der jordanischen Grenze stehen, einigten sich viele Städte auf einen Friedensprozess mit Russland und der syrischen Regierung, in dessen Folge die Oppositionellen ihre Waffen niederlegen und die Orte unter der Kontrolle der Regierung gestellt werden. Nun aber offenbart sich in zumindest einer Stadt ein anderes Bild: Ursprünglich war Saida am Friedensprozess beteiligt, nun stürmten Islamisten das Rathaus und entführten daraufhin alle Personen, die sich in diesem Gebäude aufhielten, darunter eine Delegation die die Vereinbarungen näher verhandelten.
Bereits am Samstag begab sich ein Militärkonvoi der Opposition in Richtung Saida, um dort dann mit Verhaftungen und Entführungen von jeden Personen zu beginnen, die sich für Verhandlungen ausgesprochen haben. In vielen Städten wurde die Wiederkehr der syrischen Armee und Ordnung gefeiert und bejubelt, Transparente von Assad und die Flagge der Arabischen Republik Syrien hochgehalten. Für die ohnehin von der Gewalt geschundenen Bevölkerung bedeutet das eine weitere Eskalation nur wegen der Provokation einer kleinen, radikalen Minderheit. Währenddessen dauert die Offensive der Armee weiterhin an, die Opposition hat dem wenig entgegenzusetzen.
Besonders davon sind jene Städte betroffen, die bisher sich nicht den Verhandlungen mit der Regierung anschlossen. Darunter fallen Städte wie Saida, al-Naimah oder Tafas, die immer intensiver von den russischen und syrischen Luftstreitkräften attackiert werden. Besonders brutal sind die Gefechte südwestlich von der gleichnamigen Provinzhauptstadt Dara’a nahe einem Luftabwehrbunker, der bereits zu Anfang des Jahres den Besitzer wechselte. Dort konnten Islamistem mithilfe amerikanischer Panzerabwehrwaffen mindestens zwei T-72-Panzer der Armee zerstören, Weitere wurden beschädigt.
Nahe der jordanischen Grenze kam es zu keinen erwähnenswerten Grenzänderungen, die meisten Orte verhandeln weiterhin mit Russland und der Regierung. Anhand der Ereignisse in Saida werden aber Stimmen laut, dass diese Vereinbarungen lediglich dem Zweck dienen, Regierungsanhänger zu enttarnen und sich selber Zeit zu beschaffen. In Richtung Israel und Quneitra konnte die Armee mehrere Hügel sichern und angeblich sogar bis in den östlichen Teil des Dorfes Sheikh Saad vordringen. Dies würde im Umkehrschluss bedeuten, die Oppositionsgebiete wurden in mehrere Teile gespalten und man würde nun eine gemeinsame Grenze mit dem Islamischen Staat teilen.
Der Süden Syriens hat eine besondere symbolische Bedeutung, immerhin startete dort der syrische Konflikt im Jahre 2011. Die oppositionellen Kräfte vor Ort sind im Vergleich zum Rest des Landes verhältnismäßig moderat unter der Führung der „Southern Front“, das größte Bündnis im Süden. Nachdem aber Erfolge gegen die syrische Armee seit Jahren ausblieben gewannen islamistische Kräfte wie Ahrar al-Sham, Tahrir al-Sham oder die dem Islamischen Staat angehörige Jaish Khalid bin-Waleed an Zuwachs.
Eigentlich ist die Region eine in Folge der Astana-Gespräche ausgehandelte „Deeskalationszone“ wo es eine faktische Waffenruhe gibt, jedoch sind die Kämpfe nie gänzlich erloschen und finden nun ihr Ende in der großen Armeeoffensive mit dem Ziel, die gesamte Grenzregion zu Israel und Jordanien wiederzuerobern. Danach kontrolliert die Opposition neben Wüstengebieten um den irakischen Grenzübergang al-Tanf lediglich Teile der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes.