
Erneut sind die inneroppositionellen Gefechte in der nordwestlichen Provinz Idlib eskaliert, nachdem sich die Situation in den letzten Wochen wieder beruhigte und beide Fraktionen sich scheinbar an die geeinigte Waffenruhe hielten.
Involviert in den Kämpfen sind Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die dominierende Gruppierung innerhalb der Opposition und ehemals bekannt unter den Namen von Jabhat Fateh al-Sham und Jabhat al-Nusra, dem syrische Ableger von al-Qaida. Auf der anderen Seite befindet sich das neu gebildete Bündnis mit dem Namen „Jabhat Tahrir Souriya“ (JTS), welches aus Ahrar al-Sham und Harakat Nour al-Din al-Zenki besteht. Letztere wurde bis mindestens 2015 von den USA aktiv mit Panzerabwehrwaffen unterstützt und ist vor allem dafür bekannt, in Aleppo ein Kind lebendig geköpft zu haben. Al-Zenki nahm eine wichtige Position bei den Kämpfen um Aleppo ein, verschwand danach aber in die Irrelevanz. Relativ zeitgleich mit der Umbenennung von al-Nusra in Fateh al-Sham schlossen sich die übrig gebliebenen Kämpfer lose Tahrir al-Sham an, doch trennten sich aufgrund interner Dispute wieder.
Für die Wiederaufflammen des Konfliktes wird Tahrir al-Sham verantwortlich gemacht, nachdem sie im Norden der Provinz Hama eine neue Initiative gegen die Verteidigungsstellungen von JTS nahe den Städten Khan Sheikhoun und Morek gestartet haben. Nach nur wenigen Stunden konnten die Islamisten Khan Sheikhoun und umliegende Dörfer unter ihre Kontrolle bringen, während sich Jabhat Tahrir Souriyah mit vereinzelten Milizen der „Freien Syrischen Armee“ zurückzog.
Derzeit finden Kämpfe nahe Morek und Maarat al-Numan statt, Letztere wurde erst am Anfang des Jahres von JTS erobert und stellt einen vitalen Verkehrsknotenpunkt für die Nachschubwege in der Region dar. Angeblich wurde ein erster Vorstoß von HTS erfolgreich zurückgeschlagen. Aufgrund der anhaltenden Gefechte ist der Handelsweg zwischen Regierungs- und Oppositionsterritorium bei Morek gesperrt.
Bisher ähnelt dieser Konflikt den vorangegangenen oppositionsinternen Kämpfen wie beispielsweise zuletzt im November 2017: Durch eine neu entstandene Waffenruhe mit der syrischen Regierung bzw. Armee gibt es keinen äußeren Feind mehr, der die eigentlich zerstrittenen Parteien vereint. Tahrir al-Sham wird daraufhin zunächst von einer Blitzoffensive überrascht und muss innerhalb weniger Tage enorme Verluste einbüßen. Daraufhin kann Tahrir aber seine Kräfte konsolidieren und mit einem Gegenangriff antworten, der den Gegner meistens enorm geschwächt zurücklässt, so wie es mit Ahrar al-Sham im Juli 2017 geschehen ist. In diesem Falle wirkt aber die außergewöhnliche Dynamik vom Einfluss der Türkei mit, die natürlich Jabhat Tahrir Souriya lieber in einer Machtposition in Idlib sehen wollen, da sie wesentlich einfacher als „moderat“ verkauft werden können und auch eher auf die Türkei hören würden. Es bleibt abzuwarten wie sehr die Türkei willens ist Tahrir Souriya zu unterstützen, um an Einfluss in Idlib zu gewinnen.
3 Kommentare zu „Islamisten bekämpfen sich in Idlib erneut untereinander“