Das doppelte Spiel Trumps in Syrien

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Während der amerikanische Präsident Trump nun innerhalb weniger Tage wiederholt seinen Willen ausgedrückt hat, in absehbarer Zeit amerikanische Truppen aus Syrien abzuziehen, sprechen die Fakten und das Geschehen auf dem Boden eine völlig andere Sprache, neue Waffen und Soldaten werden ins Land gebracht, Militärstützpunkte errichtet oder aufgebessert. Der vorgeschobene Grund eines Einsatzes gegen den Terror bzw. dem Islamischen Staat dient dabei zu nichts mehr als zur einfachen Legitimation. Während der IS im Euphrat-Tal aufgrund ausbleibender Kämpfe seine Kräfte konsolidieren kann, rüstet die USA massiv an den Grenzen zur Türkei in Manbij und zur syrischen Regierung in al-Tanf auf.

Am Wochenende noch hatte Trump Spekulationen über einen kompletten Abzug der Tausenden US-Soldaten aus Syrien ausgelöst. „Wir werden sehr bald aus Syrien abziehen“, sagte er am Samstag in einer Rede. Das Pentagon vermeldete daraufhin, dass man nichts von derartigen Plänen wüsste. Am Dienstag bekräftigte er erneut diese Haltung: „Manchmal ist es Zeit, nach Hause zu kommen“, sagte er im Weißen Haus.  Es gebe Länder, die wollten, dass die USA in Syrien blieben. Ein Beispiel sei Saudi-Arabien. „Aber dann müssen sie dafür bezahlen“, betonte der Präsident (wonach das Saud-Königshaus angeblich sogar derartige Versprechungen gab). Dennoch galt: So schnell wie Trump diese Ankündigungen brachte wurden sie wieder revidiert, sei es von anderen Institutionen oder ihm selbst. Er bringt also einen Rückzug in Aussicht, jedoch könnte Dieser andauern. Die wirkliche US-Politik war aber über die ganze Zeit hinweg nicht so schizophren geprägt und weist eher eine noch stärkere Präsenz der US-Armee in Syrien auf.

In Nordsyrien, welches unter der Kontrolle der vom Westen unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), welche mehrheitlich aus den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) bestehen, steht, gibt es die größten Truppenbewegungen der USA. Aufgrund einer drohenden Offensive der türkischen Streitkräfte auf die kurdisch-arabische Stadt Manbij verstärkten französische und amerikanische Soldaten ihre Präsenz in der Region westlich des Euphrats. Das drückt sich u.a. durch die Errichtung einer neuen US-Militärbasis nördlich der Stadt aus (siehe Video). US-Soldaten patrouillieren bei Manbij mehr, nachdem es zum Tod eines britischen und amerikanischen Soldaten durch eine Bombe gekommen ist.  Demnach sollen durch einen Militärkonvoi bis zu 300 Soldaten nach Nordsyrien verlegt worden sein.

In Südsyrien bekräftigt sich ebenfalls diese Haltung. Seit über einem Jahr hat das amerikanische Militär (mit der Unterstützung Großbritanniens und Norwegens) einen großen Militärstützpunkt beim syrisch-irakischen Grenzübergang al-Tanf errichtet und kontrolliert umliegende Wüstengebiete seitdem mit der Unterstützung mehrerer Oppositionsmilizen, die aber eher als aufgekaufte Söldner agieren. Neu veröffentlichte Satellitenbilder zeigen einen Ausbau dieses Stützpunktes und weiterer Außenposten in der Region, nachdem es zuvor Berichte von der Stationierung von 200 weiteren Soldaten durch Jordanien gab.

Wie üblich befinden sich dortige Einheiten unter der Behauptung, man müsse die Region vor dem Aufstieg des Islamischen Staates zu bewahren, tatsächlich aber geht es vor allem um Eines: Eine Landverbindung zwischen dem Irak und Syrien unterbinden. Denn schon seit Jahren befindet sich die Terrormiliz nirgendwo in der Nähe von al-Tanf, einzig die syrische Regierung und schiitische Milizen kontrollieren die umliegenden Territorien. Da aber bereits eine syrisch-irakische Grenze bei den Städten in Abu Kamal und al-Qaim am Euphrat existiert, ist auch die Verhinderung einer solchen Grenze durch die US-Präsenz nicht gegeben, einzig ein ökonomischer Schaden für die zwei Länder wird dadurch angerichtet.

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Die sogenannte Schariapolizei überblickt das Geschehen auf einem Markt in Hajin, eigentlich sollten hier massive Gefechte zwischen USA und IS andauern

Diese Absichten decken sich mit dem Geschehen am östlichen Ufer des Euphrat-Tals, wo der Islamische Staat noch größere Gebiete hält. Da die USA keine syrische Truppen östlich des Flusses erlaubt fallen diese Gegenden unter den „Zuständigkeitsbereich“ der SDF und seiner westlichen Partner. Die dort stationierten SDF-Einheiten rekrutieren sich vor allem aus den vor Ort lebenden arabischen Stämmen und sind bekannt für ihre Korruption und militärische Inkompetenz, wie die immer wieder erfolgreichen Überfälle des IS auf Verteidigungsstellungen beweisen. Die von einer IS-nahen Nachrichtenagentur veröffentlichen Bilder aus den unter der Kontrolle der Islamisten stehenden Dörfer Hajin oder al-Shafah zeigen prall gefüllte Marktplätze in einer scheinbar friedlichen Atmosphäre. Angeblich soll es sogar intensive Handelsbeziehungen zwischen den beiden Fraktionen geben.

In Folge der Kämpfe um Afrin kündigte ein SDF-Pressesprecher offiziell die Beendigung aller Anti-IS-Operationen an (auch wenn sie schon Monate zuvor faktisch endeten), um die dort eingesetzten Ressourcen lieber in Afrin gegen die Türkei einzusetzen, am Ende jedoch wurden keine SDF-Kämpfer aus der Provinz Deir ez-Zor nach Afrin gebracht. Warum die USA und SDF seit Monaten nicht gegen einen fast besiegten IS vorgehen kann verschiedene Gründe haben: Einerseits benötigt die USA weiterhin eine Legitimation, Truppen in Syrien stationiert zu haben, nun mal die Bekämpfung einer Terrororganisation. Zudem richten sich die Angriffe des Islamischen Staates auch gegen die syrische Regierung, die Städte am anderen Ufer hält. Von dort aus kommt es immer wieder zu Vorstößen auf Abu Kamal, die jedoch zurückgeschlagen werden. Es ist natürlich im Interesse der USA, dass zwei Feinde sich gegeneinander schwächen können.

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