
Fast zwei Monate dauert nun die türkische Operation „Olivenzweig“ in Syrien an, wo die türkische Armee mit verbündeten Oppositionsgruppen (TFSA) gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) bzw. amerikanisch unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) vorgeht und dabei versucht, die Kurden aus der syrisch-türkischen Grenzregion zu vertreiben. Nun konnte die Türkei die Stadt Afrin erobern, das primäre Ziel der gesamten Operation und die wichtigste Hochburg der Kurden westlich des Euphrats. Ohne jeglichen Widerstand konnte die türkische Armee und die mit ihnen verbündeten islamistischen Söldner die Stadt über eine Nacht sichern, nachdem in den vergangenen Tagen umliegende Gebiete erobert wurden und nur noch ein etwa zwei Kilometer breiter Flüchtlingskorridor in südlicher Richtung offen gelassen wurde.
Die Stadt ist wie ausgestorben, nicht mal 1.000 Einwohner sollen sich von den einst über 100.000 Menschen in Afrin aufhalten, zusammen mit über 300.000 Einwohnern Einwohnern des gleichnamigen Kantons flohen sie in Richtung Aleppo, welches wiederum oft als Transitweg für Manbij und weiteren, von der SDF regierten Gebieten genutzt wird. Für die Meisten ist es wohl eine zweite Flucht, da Afrin aufgrund ihres Rufs als Stabilitätsoase und weitreichenden Toleranz und Humanität eine riesige Anzahl an Flüchtlingen aufnahm, vor allem aus den ehemaligen Territorien des Islamischen Staates.
Vor dem Abzug der letzten YPG-Kämpfer ist in der Stadt die Anomie ausgebrochen, mehrere Gebäude und Läden wurden aus bisher unbekannten Grund in Brand gesteckt und die Hauptquartiere der Volksverteidigungseinheiten gestürmt und ausgeplündert, vor allem nach Lebensmitteln wurde gesucht. Ebenso wurden mehrere Fahrzeuge angezündet. Durch die Flucht scheinbar aller Truppenkontingente der YPG und verbündeter Milizen wurde die Stadt selber kaum zerstört oder beschädigt, die Anzahl der getöteten Zivilisten durch türkische Artillerie- und Luftschläge ist dementsprechend relativ niedrig.
Die politische Führung Afrins muss sich nun zunehmend mit der Kritik auseinandersetzen, dass ein solch hilfloses Unterfangen wie eine erfolgreiche Verteidigung des Kantons reines Wunschdenken ist und am Ende unnötig das Leben von Zivilisten und Soldaten kosten wird. Besonders kritisch ist der Widerwillen gegenüber der syrischen Regierung, die mehrmals zugunsten dem Wegfall politischer Autonomie und Unabhängigkeit den Schutz unter der syrischen Armee angeboten hat. Nun muss man mit der einzigen Alternative leben: Ein Leben unter der Kutte Erdogans und seinen syrischen Söldnern, bekannt für Korruption, Disziplinlosigkeit und ihrem Islamismus. Erdogan hatte bereits vor der Operation angekündigt, Hunderttausende arabische Flüchtlinge in Afrin anzusiedeln, durch diesen demographischen Wandel würde die kurdische Mehrheit in der Region vollkommen vertrieben und marginalisiert werden.
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