Kurden setzen angeblich „Giftgas“ gegen die Türkei in Afrin ein

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Seit über einer Woche dauert nun die türkische Operation „Olivenzweig“ in Syrien an, wo die türkische Armee mit verbündeten Oppositionsgruppen (TFSA) gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) bzw. amerikanisch unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) vorgeht und dabei versucht, die Kurden aus der syrisch-türkischen Grenzregion zu vertreiben. Die türkischen Streitkräfte können kontinuierlich an Boden gewinnen, auch wenn die großen Erfolge weiterhin ausbleiben und die Verluste zunehmen. Die Kurden starteten derweil eine große Medienkampagne gegen den „Angriffskrieg der Türkei“.

Im Verhältnis zu den vorherigen Tagen konnten türkische Streitkräfte nicht annähernd so viele Fortschritte verzeichnen, auch wenn der Vorstoß ununterbrochen weitergeführt wird. Im Bezirk Rajo wurde die Siedlung Surkah und im Osten Afrins an der türkisch-syrischen Grenze das Dorf Dikmah Tash und der Berg Jabal Serghaya erobert. In anderen Teilen Afrins hingegen konnte die YPG den Großteil aller weiteren Vorstöße zurückschlagen und seine Positionen halten. Besonders umkämpft zum derzeitigen Zeitpunkt sind die Hügelketten bei Bulbul und Rajo, wo beide Fraktionen behaupten zu gewinnen.

Der Einsatz von Panzerabwehrwaffen bei den Kurden nimmt kontinuierlich zu, alleine am Montag wurden ein amerikanischer M60-Panzer und ein regulärer Pick-Up angegriffen. Der Panzer soll keine relevanten Schäden davongetragen haben, der Pick-Up hingegen wurde vollständig zerstört. Angeblich soll es sich um keinen militärischen Konvoi gehandelt haben, wodurch dabei zwei Zivilisten umgekommen seienn. Durch anhaltende Gefechte und Mörserangriffe wurden inzwischen insgesamt 16 türkische Soldaten getötet, die Meisten durch die Zerstörung von Panzern. Dem türkischen Verteidigungsministerium zufolge wurden über 950 „PKK-Terroristen“ neutralisiert, also getötet, verletzt oder gefangen genommen. Die SDF spricht von mehr als 500 getöteten „türkischen Kämpfern“. Beide Zahlen sind inflationär und spiegeln nicht den Tatsachen auf dem Boden wieder, wo die Verluste bei beiden Seiten wohl auf einem ähnlichen Niveau liegen.

Die von der Türkei unterstützten Rebellen behaupteten auf sozialen Medien offiziell, dass die YPG Giftgas gegen die eigenen Kämpfer eingesetzt haben soll. Demnach soll in Bulbul bei einem Mörserangriff (!) Chlorgas eingesetzt worden sein, welches zur Verletzung von 27 Kämpfern führte. Diese Behauptung ähnelt den regulären Anschuldigungen der Opposition, die syrische Armee setze regelmäßig Giftgas ein (alleine 2018 bereits drei Mal), ohne dabei ernsthafte Beweise vorzulegen. Scheinbar erhofft man sich einen ähnlichen Aufschrei, nur wäre der Einsatz von Chlorgas mithilfe eines Mörsers äußerst ineffektiv (da sehr geringe Menge und sehr schnell flüchtig) und es bleibt die Frage, woher die Kurden plötzlich chemische Waffen hätten.

Besonderes Ereignis war die Ankunft eines riesigen Zivilkonvois in Afrin, welcher aus Tausenden bis Zehntausenden an Kurden, Christen, Assyrern und Jesiden besteht. Hierbei handelt es sich um eine Protestaktion gegen den türkischen Angriffskrieg, welche im Nordirak und Nordsyrien durchgeführt wurde und zudem große Demonstrationen in den Städten verursachte.  Im irakischen Sinjar startend begab man sich durch das SDF-Territorium im Norden und dann bei Aleppo durch das Gebiet unter der Kontrolle der syrischen Regierung, um dann in der Nacht Afrin zu erreichen.

Es ist nicht gänzlich klar, ob es sich hierbei um einen rein zivilen Konvoi handelt. Es ist möglich, dass sich darunter auch SDF/YPG-Kämpfer und bereitwillige Freiwillige befinden, ebenso Waffenschmuggel. Zumindest die irakisch-jesidische Miliz YBS soll ebenfalls Teil des Konvois gewesen sein. Zumindest wäre eine solche Taktik nicht verwunderlich, auch wenn kurdische Einheiten ohnehin im Regierungsterritorium freies Geleit besitzen.

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Beide Seiten kompensieren die Verluste mit dem Erreichen neuer Einheiten und Gruppierungen aus ihren Heimatregionen. In den letzten Tagen und Wochen wurden immer mehr türkische Spezialeinheiten in der Nähe der syrischen Grenze gesichtet, die mithilfe von Transportflugzeugen ihr Ziel erreichten. Auf türkischer Seite werden Eliteeinheiten wie das 56. Regiment an die Grenze gezogen, welche bereits in der Vergangenheit erfolgreich gegen die PKK in der Türkei operieren konnte. Ihre Erfahrung im gebirgigen Terrain wird in der Bergregion von Afrin sehr hilfreich sein. Die vermehrten Tode von türkischen Soldaten sind Indikator für die tiefere Beteiligung der türkischen Armee in Operation „Olivenzweig“. Die TFSA selber wird ebenso vielfältiger, islamistische Gruppierungen wie Nour al-Din al-Zenki oder Tahrir al-Sham kündigten ihre Bereitschaft in dem Falle an, sollte eine neue Front in Süd-Afrin eröffnet werden.

Die YPG/SDF hingegen erhielt von Nordostsyrien reguläre Unterstützung und auch internationale, kommunistische Kampfverbände. Die Einheiten nutzten das syrische Regierungsterritorium im Norden der Provinz Aleppo, welches Afrin und das restliche Gebiet der SDF miteinander verbindet. Es stellt den einzigen Weg zu Afrin dar, die restlichen Gebiete werden von der Türkei oder mit ihnen verbündeten Gruppierungen kontrolliert.

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