Oppositionelle Fallschirmjäger, amerikanische Helikopter, irakische Milizen, jordanische, amerikanische und britische Eliteeinheiten – mit diesen wenigen Worten lässt sich diese Offensive und zugleich ihren Irrsinn zusammenfassen. Von einer einmaligen und unerwarteten Offensive.
Am Dienstag dem 28. Juni starteten verschiedene Bündnisse der FSA simultan an der irakischen Grenze einen Angriff auf die 60.000 Einwohner große Stadt Abu Kamal am Euphrat. Ausgehend von dem Al-Tanaf-Grenzposten im Südosten der syrischen Grenze zum Irak musste man sich durch ~250km der Syrischen Wüste kämpfen, um die Grenzstadt am Euphrat zu erreichen.

An dieser Operation haben die folgenden Fraktionen teilgenommen: Neue Syrische Armee (NSyA), Ahmed Abdo Force, Easter Lions Army, Hawks Islam Battalion, 2nd Shaitat Regiment und die „First Company“. Ebenfalls waren auf der Seite der irakischen Grenze verschiedene sunnitische Al-Anbar-Stämme, die „Ghosts of the Deserts“ als irakische Miliz aus al-Qaim und sunnitische Einheiten der Popular Mobilization Forces (PMU) südlich von al-Qaim aktiv, um den Vorstoß zu unterstützen und Aufklärung für amerikanische Luftschläge zu bieten. Die Luftschläge der „Anti-IS-Koalition“ begannen bereits Tage davor, so wurde z.B. das Aisha-Krankenhaus in Abu Kamal angegriffen und zerstört, da es sich angeblich um das dortige Hauptquartier vom IS gehandelt haben sollte. Unabhängig davon gab es ebenfalls Berichte der eigenen Soldaten von der Teilnahme amerikanischer SOF und jordanischen Eliteeinheiten. Zumindest lässt die geringe Mannstärke darauf schließen, dass ohne fremde Unterstützung eine solche Offensive nicht mal gestartet worden wäre und vom Pentagon bei ähnlichen Einsatz eine Involvierung bestätigt wurde. Auch gibt es Aussagen aufgrund der Erfahrung vom Einsatz der britischen SAS, die aber in keinster Weise bewiesen sind und ich persönlich als unwahrscheinlich bezeichnen würde.

Das Einzigartige an der Operation war der Umstand, dass mithilfe von (wahrscheinlich drei amerikanischen o. jordanischen) Helikoptern einige Soldaten der Neuen Syrischen Armee etwa 4km westlich des Ortes abgeworfen wurden, um hinter den Reihen des Feindes zu agieren. Die jeweiligen Soldaten wurden von Jordanien & der USA Wochen davor für einen derartigen Einsatz ausgebildet und konnten bereits Erfahrung bei einem Angriff auf das dortige Ölfeld sammeln, wurden aber recht schnell wieder zurückgeschlagen. Im gleichen Zeitpunkt zur Landung wurden auch Schläferzellen innerhalb des Ortes aktiviert, die z.B. erfolgreich Jamal Turki Issawi (Abu Abd al-Azziz) mit einer Autobombe umbringen konnten, dem „Vertreter des Euphrates“ bei Daesh. Als Gegenreaktion köpfte Daesh 5 vermeintliche Spione der NSyA in Abu Kamal.
Im gemeinsamen Vorstoß der primären Einheiten konnten sie weite Teile des Umlandes der Stadt erobern, z.B. mithilfe der Fallschirmjäger den Al-Hamdan-Flughafen und das Dorf al-Sukariyah. Ebenfalls konnten angeblich diverse Viertel der Stadt selber erobert werden, so wurde das Industrieviertel von Ahmed Abdo erobert, das Krankenhaus und den Grenzposten zum Irak zwischen al-Qaim und Husabayah.

Trotz der Erfolge die sich zu Beginn abzeichneten konnte Daesh sein „Kernland“ erfolgreich verteidigen und den Gegner zurückwerfen. Laut Angaben der IS-Nachrichtenagentur AMAQ kam es zu 15 Gefangenen, ~40 Toten und sehr viel sichergestellter Ausrüstung. Ebenfalls kam es innerhalb des Ortes zu „Razzien“ die jeden vermutlichen Sympathisanten für die FSA festnahm und entführte. Zur Schadensbegrenzung reichte man die Pressemitteilung ein, dass es sich insgesamt lediglich um einen „Überfall“ gehandelt habe, um Daesh möglichst unter Druck zu setzen.

Fernab einer solchen Aussage die dem gesamten Aufbau, der Zielsetzung und den Verlusten zuwider war kann man diese Offensive als in jeglicher Hinsicht als gescheitert betrachten, es konnten keine Eroberungen erzielt werden und durch die personellen und materiellen Verluste konnte man Daesh sogar unterstützen. Die Frage von dem Sinn einer solchen Operation stand aber bereits vor Beginn in Frage, mit einer mäßig erfahrenen und kleinen Truppe in das Kernland Daeshs einzurücken war ein reines Suizidkommando. Im Zusammenhang mit der vollkommen gescheiterten Taqba-Offensive der SAA unterschätzt man wohl weiterhin vorhandenen Fähigkeiten Daeshs? Sie ist so schnell gescheitert wie sie begonnen hat.

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